Im Alltag geht manchmal das Gefühl dafür verloren, ob die Arbeit in der Praxis noch Sinn macht. Dr. Markus Landzettel aus Darmstadt regt deshalb dazu an, wieder achtsamer zu werden, aber auch, sich mehr zu engagieren und sich auf das Berufsethos zu besinnen. Kurz: Er wirbt für eine Erneuerung der inneren Einstellung.

Nach zum Teil beschwerlichem Praxisalltag mit zum Jahresende 2016 ansteigender Anzahl von Infekten der oberen Luftwege, Bronchitiden und Bronchopneumonien und einem – wohl dem Norovirus geschuldeten – Durchfall-Jahresendhoch konnte sich ein jeder hoffentlich in der kurzen Weihnachtszeit bis zum Neujahr erholen. Der Praxisalltag hat einen dann schneller wieder in den Griff bekommen als einem lieb war.

Eventuell hat auch der eine oder andere noch die Klänge und Texte der Sternsinger im Kopf. Die Sternsinger haben das Wunder der Weihnacht noch einmal im kalten Januar in den Blickpunkt gerückt und die frohe Botschaft weitererzählt. Diese Fähigkeit sollte man sich vielleicht aneignen. Gewissermaßen von den "Sternstunden", die man in 2016 erlebt hat noch zu zehren, wenn sich der Alltag wieder einmal zäh und schwer anfühlt, wenn man ins Grübeln kommt, ob das eigene Schaffen in der Praxis noch so Sinn macht. Das kann erhellend wirken. Eine solche innere Haltung kann auch ermöglichen, weniger stark in die alten Muster der Tretmühle zurückzufallen und für sich selbst achtsamer zu prüfen, wie mit welchen Belastungen umgegangen und was verändert werden könnte oder sogar müsste.

»Vielleicht ist wegen der verschiedenen Nöte etwas das Gefühl abhandengekommen, dass wir Kinder- und Jugendärzte eine wundervolle Arbeit verrichten, die zufrieden machen kann.«
Dr. Markus Landzettel

In meiner persönlichen Wahrnehmung verzeichne ich in den letzten Jahren einen Rückgang von Fortbildungs-Teilnahmen in meiner Berufsgruppe, ein Wegbleiben bei unhonorierter Netzwerktätigkeit zum Beispiel bei der Mitarbeit im Bereich der "Frühen Hilfen". Der Trend geht zu kommunikationsarmen Online-CME-Fortbildungen, die man zuhause erledigen kann.

Es besteht zunehmend eine Kluft zwischen den zahlenmäßig wenigen Akteuren der Berufspolitik, den Vorständlern pädiatrischer Netze, den Leitern von QZs und der großen Menge anscheinend desinteressierter Kollegen. Es wäre wünschenswert, wenn sich hier mehr Kollegen wieder "anstecken" ließen, daran mitzuwirken, die brennenden Themen der Kinderheilkunde und Jugendmedizin mitzugestalten und voranzutreiben.

Vielleicht ist wegen der verschiedenen Nöte etwas das Gefühl abhandengekommen, dass wir Kinder- und Jugendärzte trotz aller Gängelung eine wundervolle Arbeit verrichten, die zufrieden machen kann. Möglicherweise hilft hier, passend zu dem nun begonnenen Lutherjahr, auch ein Schielen auf einige reformatorische Einsichten, um eine Erneuerung der inneren Einstellung zu ermöglichen. Neu formuliert etwa: Gute Werke nicht wegen der Honorierung, sondern aus dem Berufsethos heraus vollbringen. Achten auf Evidenz, nicht Eminenz.

Was bleibt für den Praxisalltag?

Als Kinder- und Jugendärzte versorgen wir Patienten mit sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern. Daher erstreckt sich die Gefühlspalette auch zwischen freudigen und traurigen Erlebnissen. Die einen machen dankbar, die anderen eventuell demütig. Einiges ist derart kurios, dass es Wert macht, zur Erheiterung weitergetragen zu werden. Die Sternstunden werden sicher bisher eher in der Familie und im Freundeskreis erlebt; sie können aber auch in der Praxis erfahren werden, wenn man wachsam und empfänglich dafür bleibt.

Das wünsche ich Ihnen allen im gesamten Jahr 2017.

Dr. Markus Landzettel, Darmstadt


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (2) Seite 76