Für Säuglinge und Kleinkinder kann der ständige Handy-Gebrauch der Bezugspersonen negative Folgen haben. Doch welche Nachteile ergeben sich daraus konkret?

Smartphones sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und nahezu unverzichtbare Wegbegleiter für Erwachsene, Jugendliche und auch größere Kinder.

Professor Karl Heinz Brisch, Leiter des Instituts für Early Life Care an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, zeigte in seinem Beitrag "Babys lieben Smartphones?" (Zeitschrift Pädiatrie, Ausgabe 3/2020), was der Dauergebrauch des Smartphones für Kinder bedeutet. Das neue "Familienmitglied" Smartphone ist mitunter interessanter als das Kind und zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich.

Kinder benötigen für ihre Entwicklung eine feinfühlige soziale Interaktion mit ihrer Bindungsperson, sie brauchen Anregungen für alle Sinne. Babys lieben insbesondere die soziale Interaktion mit Menschen. Eine Unterbrechung dieser Interaktion schmerzt sie emotional und führt zu erhöhter Stressbelastung. Normalerweise führen selbst Alltagsbeschäftigungen wie das Wickeln und Körperpflege zu einer wachen, gemeinsam geteilten Aufmerksamkeit.

Wenn die Eltern nun ihre soziale Interaktion bei einem Klingeln des Handys unterbrechen und sich in eine virtuelle Welt zurückziehen, reagieren kleine Kinder wie folgt: Zunächst versucht das Kind, mit verschiedenen Mitteln die Aufmerksamkeit der Mutter zurückzugewinnen, dann reagiert es schließlich mit körperlichem und emotionalem Rückzug. Langfristig können derartige Kommunikationsabbrüche zu einer schlechteren Qualität der Eltern-Kind-Interaktion und Stress beim Baby selbst sowie zu psychischen Störungen führen.

Doch auch im Alltag zeigt ein übermäßiger Smartphone-Gebrauch von Eltern Wirkung: Vorschulkinder können zum Beispiel nach einer sechswöchigen Exposition von Bildschirminhalten weniger gut erzählten Geschichten folgen als eine vergleichbare Kontrollgruppe. Kleinkinder schlafen kürzer und brauchen länger zum Einschlafen. Bei ständiger Nutzung von Smartphone oder Tablet kommt einem Kind schließlich auch die eminent wichtige Sinneserfahrung in Kombination mit dem Sprechen abhanden.

Brisch rät daher abschließend zum gemeinsamen Spielen ohne Bildschirmgeräte, zum Ansprechen und Mitteilen von gemeinsam Erlebtem sowie zu intensivem Blickkontakt mit dem Kind. Dabei muss es nicht zu einem "absoluten Verbot" kommen. Ausreichend lange Smartphone-freie Zeiten für Eltern und Babys reichen auch aus.



KMS/ras