Während sich die Corona-Pandemie auf die Impfquoten bei den Standardimpfungen für Kinder wie Tetanus und Masern im Vergleich zu den Vorjahren nicht ausgewirkt hat, zeigt sich beim Rückgang der Antibiotika- und Schmerzmittelverordnungen ein Corona-Effekt.

Das sind einige der zentralen neuen Erkenntnisse des im Februar 2022 veröffentlichten Reports „Kinder und Arzneimittel“ der Techniker-Krankenkasse. Der Report präsentiert aktuelle Daten zu den Impfquoten von Kindern in Deutschland und zur Verordnung von Arzneimitteln bei Kindern. Angestiegen ist dabei jedoch die Verordnung von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen.

Fast die Hälfte der 2018 geborenen TK-versicherten Kinder (48,4%) haben bis zu ihrem zweiten Geburtstag alle empfohlenen Impfungen gegen Masern, Keuchhusten und Co komplett erhalten. 48,3% waren teilweise geimpft, es fehlte mindestens eine Impfung oder eine Teilimpfung, 3,2% wurden gar nicht geimpft. Beim Blick auf die im ersten Halbjahr 2019 geborenen Kinder ‒ die Daten der im zweiten Halbjahr geborenen liegen noch nicht vollständig vor ‒ ergeben sich steigende Impfquoten. 51,9% der Kinder sind vollständig geimpft, 45,3% teilweise, 2,8% gar nicht. Der Anteil der völlig ungeimpften Kinder sinkt, besonders bei der Masernimpfung. Auch die Vorsorgeuntersuchungen sind nicht weniger als sonst in Anspruch genommen worden.

Zu den am häufigsten für Kinder verordneten Wirkstoffen gehören im Rahmen von Arzneimittel-Verordnungen Fieber- und Schmerzmittel, Mittel gegen Erkältungen, Antibiotika sowie Präparate für den Knochenaufbau. Da Kinder und Jugendliche aufgrund der Hygienemaßnahmen seltener krank wurden oder aus Sorge vor einer Infektion nicht so oft beim Arzt waren, wurden ihnen deutlich weniger Arzneimittel verschrieben. Dem Report zufolge wurden TK-versicherten Kindern im ersten Pandemiejahr 2020 insgesamt fast 40% weniger Arzneimittelpackungen verordnet

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Bei der Verordnung von Psychopharmaka wie Mittel zur Behandlung von ADHS und Antidepressiva zeigt sich jedoch ein gänzlich gegenläufiger Trend. Hier wurden im Vergleich zu 2017 mehr Mittel zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) verordnet. Das betrifft Kinder und in gleichem Maße auch Jugendliche. Bei 12- bis 17-jährigen TK-versicherten Jungen betrug der Anstieg 4,3 Prozent, bei den Mädchen waren es 1,3%. Ein Anstieg ist auch bei der Verordnung von Antidepressiva zu beobachten, vor allem bei jungen Mädchen: 1,6% der jugendlichen Mädchen wurden Antidepressiva verordnet, 0,6% waren es bei den männlichen Jugendlichen.

Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK, sieht hier eine Entwicklung, die aufmerksam beobachtet werden sollte. Die Zunahme der ADHS-Medikamentenverordnungen sieht der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Dr. Thomas Fischbach jedoch in der angepassten Umsetzung einer leitliniengerechteren Therapie. Dem Einsatz von Medikamenten werde hier ein höherer Stellenwert eingeräumt.


Katharina Maidhof-Schmid