Wie sind ärztliche Maßnahmen bei transidenten Kindern und Jugendlichen ethisch zu bewerten? Zu dieser Frage hat die Kommission für ethische Fragen im „Bündnis für Kinder- und Jugendgesundheit e. V. (Bündnis KJG)“ im April eine Stellungnahme veröffentlicht.

Transgender oder transident ist ein Oberbegriff für Menschen, deren Geschlecht nach ihrem Empfinden nicht dem entspricht, welches ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Umfragen zufolge sind etwa 0,5 – 1,3 % der Bevölkerung transgender. In den USA wird der Prozentsatz unter den 13- bis 17-Jährigen auf 0,7 % geschätzt.
Aktivitäten politischer Fraktionen waren Anlass dafür, dass das Bündnis KJG der Kommission für ­ethische Fragen den Auftrag erteilte, das ärztliche Handeln bei trans­identen Menschen ethisch zu bewerten.

Zunahme in den letzten Jahren

Die Zahl an Kindern und Jugendlichen, die eine transspezifische ärztliche Beratung und schließlich auch eine Behandlung wegen Geschlechtsinkongruenz suchen, hat in den letzten Jahren zugenommen. Insbesondere nimmt die Anzahl von trans Jungen zu, also von denen, die – als Mädchen geboren – eine männliche Identität empfinden. Die Gründe hierfür sind unklar.

Zusammenfassung der Stellungnahme

Transidente Kinder und Jugendliche haben ohne Behandlung eine erhöhte psychische Morbidität und erleiden häufiger Diskriminierung und Gewalt. Medizinische Maßnahmen, die ­Pubertätsblockade, geschlechtsangleichende Hormon­therapie, Psychotherapie und eine chirurgische Behandlung einschließen können, steigern ihr Wohl­ergehen in ihrem selbstgewählten Geschlecht. Ihre Lebensqualität ist höher, und sie haben zumindest mittelfristig eine geringere assoziierte psychische Morbidität. Daher kann eine solche Behandlung ethisch gerechtfertigt sein. Die langfristigen Ergebnisse bedürfen dringlich der weiteren Erforschung. Die ethische Bewertung muss mit wachsender Studienlage stets aktualisiert werden.

Voraussetzung für die Behandlung ist eine interdisziplinäre Beratung der Betroffenen und ihrer Sorgeberechtigten und eine größtmögliche Sicherheit, dass die Entscheidung mit ausreichender Reife selbstbestimmt erfolgte.

Die vollständige Stellungnahme ist auf der Website des „Bündnis KJG“ verfügbar: www.buendnis-kjg.de, hier unter Stellungnahmen.


Red.

Quelle: Bündnis für Kinder- und Jugendgesundheit


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (3) Seite 227