Jedes Opfer von Misshandlungen und sexueller Gewalt ist eins zu viel. Wie wirken sich die Corona-Beschränkungen auf die diesjährigen Zahlen der Polizeistatistik aus?

Insgesamt 112 getötete Kinder weist die Polizeistatistik für das vergangene Jahr aus, im Durchschnitt 2 pro Woche. Tausende wurden Opfer von Misshandlungen, noch viele mehr haben sexuelle Gewalt erfahren.

Das zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik 2019. Diese bildet jedoch nur Fälle ab, die der Polizei bekannt wurden, nicht das Dunkelfeld. Und schon gar nicht das Dunkelfeld in Corona-Zeiten. BKA-Chef Holger Münch warnt daher, die Daten nur „mit größter Vorsicht“ zu interpretieren. „Das Dunkelfeld ist groß und wir wissen nicht, ob die Corona-Beschränkungen zu einer weiteren Vergrößerung führen.“
Dies liege daran, dass gefährdete Kinder weniger in Kontakt mit Menschen wie Erziehern, Lehrern oder Kinder- und Jugendärzten kommen, an die sie sich normalerweise wenden könnten, sagte Münch. „Durch die Isolation sind viele Kinder in noch größerer Gefahr vor innerfamiliärer Gewalt“, warnt auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. Dennoch zeichnen sich auch positive Signale ab. Denn die vielen zusätzlichen Stunden, die Kinder zuletzt jeden Tag zu Hause verbringen mussten, führten auch dazu, dass Kinder den Eltern häufiger von sexuellem Mobbing oder Übergriffen außerhalb der Familie berichteten. Daher seien aktuell auch mehr Anrufe zu solchen Fällen bei der Hotline für sexuellen Missbrauch eingegangen.



Autor
Raimund Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (4) Seite 235