Die Legasthenie ist eine komplexe Störung. Es gilt als sicher, dass genetische Faktoren die Lese- und Rechtschreibfähigkeit beeinflussen. Lese- und Rechtschreibprobleme können aber auch auf Sehstörungen oder Fehlsichtigkeiten beruhen.

Auf diese zumeist weniger beachteten Ursachen weisen Experten der Stiftung Auge hin. Von Legasthenie, einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS), sind etwa fünf Prozent der Schulkinder in Deutschland betroffen. Es handelt sich um eine umschriebene Entwicklungsstörung, vergleichbar mit einer Sprachentwicklungsstörung oder einer motorischen Entwicklungsstörung. Charakteristisch ist eine deutliche Verlangsamung der Lesegeschwindigkeit und eine erheblich höhere Anzahl von Rechtschreibfehlern. Dies hat - entgegen immer noch bestehender Vorurteile – jedoch nichts mit einer Intelligenzminderung zu tun.

Bei Verdacht auf Legasthenie sollte die Diagnosestellung immer interdisziplinär erfolgen. Aufschluss über das Ausmaß einer Lese- und Rechtschreibstörung geben Testverfahren, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie verwandt werden. Gleichzeitig sollte auch eine Untersuchung zur Funktionsfähigkeit der Augen vorgenommen werden. Zum augenärztlichen Untersuchungsprogramm zählt in solchen Fällen eine umfangreiche Diagnostik zur Funktionsfähigkeit der Augen hinsichtlich möglicher Fehlsichtigkeiten.

So kontrolliert der Augenarzt unter anderem, ob eine Hornhautverkrümmung vorliegt. Auch die Augenstellung, die Augenbeweglichkeit und eventuelle Brechungsfehler werden dabei untersucht. Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Augenärzten und Kinder- und Jugendmedizinern ist unabdingbar, um eine genaue Diagnose zu stellen und mit entsprechenden Maßnahmen wirksam gegensteuern zu können.

Oftmals können die betroffenen Kinder mit entsprechenden Sehhilfen dann wieder deutlich besser lesen und schreiben“, erklärt Professor Dr. med. Frank G. Holz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn. Allerdings können entsprechend angepasste Sehhilfen oftmals nicht die alleinige Problemlösung liefern. Vielmehr gehe es um ein maßgeschneidertes Behandlungsprogramm für die betroffenen Schüler, bei dem Augen-, Kinder- und Jugendärzte und auch entsprechend ausgebildete Psychiater oder Psychologen mit im Boot sind. Mit speziell abgestimmten Trainings, die die einzelnen Symptome der LRS aufgreifen, kann es so gelingen, die Lese- und Schreibfähigkeit der betroffenen Kinder deutlich zu verbessern.



Literatur
Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V.: Legasthenie. Ratgeber zum Thema Legasthenie – Erkennen und Verstehen (2018):
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V: Informationen für Sie: Legasthenie [Lese-Rechtschreibstörung] (2013)

Katharina Maidhof-Schmid