Eine Mitgliedschaft bei der DGSPJ bietet viele Vorteile bei relativ niedrigen Beiträgen. Was Mitglieder neben einem Abo der Kinderärztlichen Praxis und kostengünstigen Fortbildungen sonst noch bekommen, fasst Dr. Christoph Kretschmar zusammen.
Diese Frage bewegt natürlich den Vorstand der DGSPJ, aber insbesondere auch den Schatzmeister. Ob sich auch andere die Frage stellen? Wir werden dies in den nächsten Jahren sehen.
Analysiert man die nackten Zahlen, so hat die DGSPJ 1.547 Mitglieder (Stand vom 26. 08. 2019), im Jahr 2008 waren es noch 1.837 Mitglieder – das sind aktuell knapp 300 Mitglieder weniger. Schaut man sich aber die Dynamik der Mitgliederbewegung in diesem Zeitraum an, dann bekommt man ein anderes Bild.
Die Mitgliederversammlung der DGSPJ hat 2015 eine längst überfällige neue Beitragsordnung beschlossen. Neben einer moderaten Beitragsanpassung wurde aber der Status der Beitragsbefreiung für nicht mehr Berufstätige aufgehoben, was vorwiegend bei der Gruppe der Ärzte die Anzahl der nun wieder Mitgliedsbeitrag zahlenden Ärzte um 300 anstiegen lies; aber auch ca. 200 ärztliche Kollegen haben die Gesellschaft verlassen. Trotzdem sind wir insbesondere den nicht mehr berufstätigen Mitgliedern zu Dank verpflichtet, da sie in den letzten Jahrzehnten mit ihrem Engagement die Gesellschaft mit Leben erfüllt und vorangebracht haben.
Für die anderen Berufsgruppen unter den Mitgliedern der DGSPJ hat diese neue Beitragsordnung keine Auswirkung gezeigt, eher einen stetigen Anstieg seitens der SPZ als korporative Mitglieder, trotz des deutlich erhöhten Beitrags. Es sei daran erinnert, dass der damalige Vorstand mit der neuen Beitragsordnung, die im Vergleich zu anderen kinderärztlichen Organisationen eher im Sinne einer homöopathischen Steigerung ausgefallen ist, schrittweise eine Professionalisierung unserer kleinen Gesellschaft voranbringen musste.
Warum ist eigentlich unsere Gesellschaft im Vergleich zu der DGKJ
(ca. 17.000 Mitglieder) und dem BVKJ
(ca. 12.000 Mitglieder) so klein? Besetzen wir in der jetzigen Zeit, wo Krankheit von Kindern und Jugendlichen nicht mehr isoliert von gesellschaftlichen Bedingungen gesehen werden kann, ein Randthema, eine Nische? Bei Weitem nicht!
In den SPZ gibt es lange Wartelisten von Kindern, Jugendlichen und deren Familien, die einer Behandlung bedürfen. Nicht nur in Zeiten einer Coronavirus-Epidemie ist die Handlungsfähigkeit des ÖGD mehr gefragt denn je (gesundheitliche Qualität der Kita-Betreuung, Masernschutzgesetz, Inklusion etc.).
Und in Zeiten von fehlendem qualifiziertem Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt ist die frühzeitige stationäre Rehabilitation bereits vor dem Eintritt in das Arbeitsleben mit dem Kostenträger Deutsche Rentenversicherung im Sinne der sekundären Prävention umso wichtiger! NEIN – das ist nicht der Grund für die niedrige Mitgliederzahl!
Wir sind möglicherweise bei unseren potenziellen Mitgliedern zu wenig präsent!
Aber wer sind diese potenziellen Mitglieder? Schauen wir uns dazu die Satzung unserer Fachgesellschaft an. Im § 6 steht: "Ordentliche Mitglieder können Ärztinnen/Ärzte werden sowie Angehörige anderer Berufsgruppen und juristische Personen als korporative Mitglieder, die den Zielen der Sozialpädiatrie verbunden sind". Und welche Ziele sind das? Diese sind unter § 1 unserer Satzung nachzulesen und lauten u. a.:
- Fort- und Weiterbildungen auf dem Gebiet der Sozialpädiatrie und Jugendmedizin
- Einsatz für sozial Benachteiligte, chronisch kranke und behinderte Kinder und Jugendliche hinsichtlich Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Integration
- Initiativen zur Verbesserung der interdisziplinären Vernetzung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und der Gesundheitswissenschaften ...
Ja, und unsere Gesellschaft hat in der Vergangenheit und JETZT kontinuierlich an diesen Zielen gearbeitet und erfüllt diese. Hier sei nur daran erinnert, dass der alljährliche große Jahreskongress für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der DGKJ, der DGKCH und dem Berufsverband der Kinderkrankenschwestern (BeKD) inhaltlich gestaltet wird. Das Curriculum Sozialpädiatrie (die Teilnahme daran ist Voraussetzung für die Abrechnung entsprechender Gebührenordnungspunkte (GOP) in der kinder- und jugendärztlichen Niederlassungspraxis) wurde von der DGSPJ entwickelt, von der BÄK als Fortbildungskurs anerkannt und wird vorwiegend von Referenten aus dem Bereich der Sozialpädiatrie bundesweit mit Leben erfüllt. Die Implementierung der Zusatzweiterbildung Sozialpädiatrie als notwendiger Bestandteil der vertieften pädiatrischen Fort- und Weiterbildung beschäftigt die DGSPJ seit Jahren und wird von ihr vorangetrieben.
Aber auch im Bereich der nichtärztlichen sozialpädiatrischen Fortbildung engagiert sich die DGSPJ. So z. B. überregional in der Deutschen Akademie für Entwicklungsförderung und Gesundheit des Kindes und Jugendlichen e. V. mit ihrem breiten Angebot an Seminaren für Psychologen, Therapeuten und Heilpädagogen sowie in der Gestaltung des interdisziplinären Herbst-Seminar-Kongresses für Entwicklungs- und Sozialpädiatrie in Brixen.
Im Bereich Teilhabe ist die DGSPJ bei der Implementierung der ICF-CY insbesondere mit Schulungsprogrammen in den SPZ aktiv und zeigt hier auch eine vernetzte Zusammenarbeit mit der Interdisziplinären Frühförderung (VIFF).
Das unter 2.) genannte Ziel des Einsatzes für chronisch kranke und behinderte Kinder und Jugendliche ist die vordergründige Aufgabe des Netzes der 158 Sozialpädiatrischen Zentren in Deutschland. Der Aufbau dieses ambulanten Netzes der sozialpädiatrischen, multiprofessionellen und interdisziplinären Versorgung ist ein Meilenstein in der Geschichte der DGSPJ, insbesondere von deren Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialpädiatrischen Zentren (BAG-SPZ). Hier standen die Qualität und nicht die Quantität im Vordergrund des Handelns, was sich im Ergebnis des Altöttinger Papiers wiederfindet. Der sich aus der BAG-SPZ entwickelte Zentrale Qualitätsarbeitskreis (ZQAK) hat in 3 Bänden Qualitätskriterien und Handlungsanweisungen für die Arbeit in SPZ entwickelt und setzt sich aktuell gerade in den Qualitätszirkeln "Migration", "SPZ-Zertifizierung" und "Hilfsmittelverordnung" für die fachgerechte Behandlung der chronisch kranken behinderten Kinder ein. All das steht auf der Homepage der DGSPJ (www.dgspj.de) zur freien Verfügung.
Für das unter 3.) genannte Ziel der Vernetzung stehen stellvertretend die im ZQAK organisierten Qualitätszirkel "Interdisziplinarität" und "Strukturdatenerfassung". Neben den regionalen Vernetzungen und Stammtischen von SPZ mit den Kinderärzten, aber auch mit dem ÖGD ist auch unbedingt die werbe- und kostenfreie Diskussions- und Informationsplattform zu sozialpädiatrischen Themen – die SPZ-List – zu erwähnen. Diese wird von der DGSPJ betrieben und steht für alle Berufsgruppen offen, die sich mit sozialpädiatrischen Themen befassen, diese diskutieren oder einfach nur Fragen beantwortet haben wollen. Die SPZ-List hat mittlerweile 1.535 User, die regen Gebrauch von dieser Form des fachlichen Austausches machen.
Aber auch die Arbeit der Kommissionen der DGSPJ gibt Impulse und Handlungsanweisungen an die praktisch Tätigen und die benachbarten pädiatrischen Fachgesellschaften weiter.
Trotz der vielfältigen hier nur kursorisch aufgezählten Aktivitäten werden viele davon nicht in den unmittelbaren Zusammenhang mit der DGSPJ gebracht und schlagen somit nicht in einer zunehmenden Mitgliedschaft zu Buche.
Welche potenziellen Mitglieder gibt es eigentlich, an die die DGSPJ direkt herantreten könnte?
Hier ist wieder auf die oben beschriebene Satzung zu verweisen. Die DGSPJ hat ein Alleinstellungsmerkmal unter den pädiatrischen Fachgesellschaften.
Im schon zitierten § 6 der Satzung wird die Möglichkeit eröffnet, dass neben den Ärztinnen und Ärzten auch anderen Berufsgruppen der Zugang zur DGSPJ offen steht. Ein Blick in die Mitgliederentwicklung der DGSPJ zeigt aber, dass dieses Potenzial schlummert. Bei der Berufsgruppe der Psychologen ist durch das kontinuierliche Einbinden dieser Berufsgruppe in die Aktivitäten der DGSPJ, hier sei die BAG der PsychologInnen in SPZ genannt, ein langsamer Anstieg in den letzten Jahren auf jetzt 78 Mitglieder zu verzeichnen. Bei den Therapeuten hält sich die Mitgliedschaft konstant auf niedrigem Niveau mit aktuell 73 Mitgliedern. Bei den Kinderkrankenschwestern und Pflegern ist eher ein schrittweiser, möglicherweise generationsbedingter Rückgang auf jetzt 71 Mitglieder zu erkennen. Am nachdenklichsten stimmt die Zahl der Ärzte in Weiterbildung mit 5 Kollegen, die Mitglied unserer Gesellschaft sind!
Die oben schon erwähnte Beitragsordnung der DGSPJ ist bei Weitem nicht der Grund, dass wir potenzielle Mitglieder verprellen. Im Vergleich zahlt der Facharzt einen Jahresbeitrag von 75 Euro. Bei der DGKJ sind es 125 – 170 Euro und beim BVKJ 150 – 460 Euro in Abhängigkeit von deren beruflicher Stellung. Der Mitgliedsbeitrag für Ärzte in Weiterbildung beträgt in der DGSPJ nur 25 Euro und für Therapeuten und Kinderkrankenschwestern nur 20 Euro pro Jahr. Auch die Berufsgruppe der Psychologen ist mit 50 Euro pro Jahr im Vergleich zu anderen Fachorganisationen sehr günstig gestellt.
Und was bekommt man für diesen Mitgliedsbeitrag?
Außer den bereits oben genannten strukturellen und inhaltlichen Ergebnissen der Arbeit der einzelnen DGSPJ-Gremien bekommt man 6-mal im Jahr eine interdisziplinäre Fachzeitschrift – die "KIPRA" – ins Haus geliefert, die in den letzten Jahren bei den kinderärztlichen Lesern auch schon Platz 1 und 2 in der LA-MED-Umfrage eingenommen hat. Das Jahres-Abo von 55,80 Euro entfällt mit der Mitgliedschaft!
Als Anreiz zur Mitgliedschaft in der DGSPJ werden wir in Zukunft die Teilnahme bei noch mehr Fortbildungsveranstaltungen, bei denen wir beteiligt sind, diese für DGSPJ-Mitglieder kostengünstiger gestalten lassen. Dass dies nicht eine reine Werbeformel, sondern eine rechnerische Größe darstellt, lässt sich am Beispiel der Teilnehmergebühr des anstehenden Kongresses für Kinder- und Jugendmedizin, der vom 16. – 1 9. 09. 2020 in Berlin stattfinden wird, verdeutlichen, der insbesondere ein interdisziplinäres, berufsgruppenübergreifendes Programm mit vielen sozialpädiatrischen Themen anbietet: Als fachärztliches Mitglied der DGSPJ bekommt man in der Voranmeldung 68 Euro Rabatt und nach dem 30. 06. 2020 bei dem erhöhten Beitrag dann 92 Euro Rabatt. Für die Psychologen, Therapeuten und Kinderkrankenschwestern beträgt der Rabatt 40 Euro und für die Ärzte in Weiterbildung sage und schreibe 118 Euro.
Vergleicht man allein die Rabatte für diesen Kongress mit dem Jahresbeitrag der jeweiligen Berufsgruppe für die DGSPJ, so müsste allein aus wirtschaftlichen Überlegungen der Eintritt in die DGSPJ zwingend geboten sein. Auch für das bei den Ärzten und Psychologen in SPZ hoch im Kurs stehende Forum Sozialpädiatrie war in diesem Jahr in Schwerin ein Rabatt von 20 Euro für DGSPJ-Mitglieder angeboten worden.
Aber wo sind denn die potenziellen Mitglieder?
Lassen Sie uns abschließend nur einen Blick auf die Mitarbeiter in den Sozialpädiatrischen Zentren werfen. Die 2018 durchgeführte Strukturumfrage lässt erahnen, dass ca. 5.000 Mitarbeiter in den SPZ tätig sind und die auch ihre Tätigkeit häufig bewusst in dieser Einrichtung gewählt haben. Diese Mitarbeiter schlüsseln sich auf in ca. 1.100 Ärzte, ca. 865 Psychologen, ca. 1.200 Therapeuten, ca. 600 Sozial- und Heilpädagogen sowie ca. 1.140 medizinische Fachkräfte bzw. Verwaltungsmitarbeiter. Ihre tagtägliche Arbeit ist eigentlich identisch mit den beschriebenen Grundsätzen und Zielen, die die Mitglieder der DGSPJ mit Leben erfüllen wollen. Auch das Entstehen ihrer Arbeitsplätze, insbesondere, wenn man die rasante personelle Erweiterung der SPZ innerhalb der letzten 25 Jahre betrachtet, ist eng mit der Arbeit der DGSPJ verbunden.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen! Nicht jeder Mitarbeiter in einem SPZ soll Mitglied in der DGSPJ werden. Nein – aber die Führungskräfte in den Sozialpädiatrischen Zentren sollten sich der hier beschriebenen Argumentation bewusst sein und an der einen oder anderen Stelle als Mediator bestimmte Errungenschaften der letzten Jahre auch in ihrer Entstehungskette so benennen.
Bezugnehmend auf die Überschrift sollte dieser Artikel als Input verstanden werden, mit der Zielrichtung natürlich auch auf unsere jungen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, die sich zum Teil noch in Ausbildung befinden, aber insbesondere auch die nichtärztlichen Kollegen ansprechen, die sich der sozialpädiatrischen Arbeit eng verbunden fühlen.
Die Arbeit einer medizinischen Fachgesellschaft lebt von und für ihre Mitglieder. Umso mehr Mitglieder man hat, umso lebendiger und vielfältiger ist eine Gesellschaft. Und dies erhöht auch die Chance, dass sozialpädiatrische Argumente und Vorschläge an den entsprechenden Stellen gehört oder in die Tat umgesetzt werden können.
Die nackten Zahlen der Mitgliederstatistik, die jährlich am Rande der Jahrestagung für Kinder- und Jugendmedizin auf der Mitgliederversammlung der DGSPJ präsentiert werden, sollen uns auch in unserem Denken und Handeln inspirieren.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (3) Seite 205-207