Bei der Frühgeborenen-Nachsorge lässt die Kooperation mit den Kliniken und Sozialpädiatrischen Zentren oft sehr zu wünschen übrig.

Auf diese Defizite hat Dr. Andreas Oberle, Leiter des SPZ im Olgahospital in Stuttgart und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, beim Herbstkongress der Pädiater in Bad Orb hingewiesen. Dabei sei die Frühgeborenen-Nachsorge aus den folgenden drei Gründen für alle Beteiligten eine große Herausforderung

  • Die Überlebensrate steigt ständig an. Während 1979 erst weniger als 30 Prozent aller Frühgeborenen unter 1000 Gramm überlebt haben, ist diese Rate bis heute auf rund 80 Prozent angestiegen.
  • Mit der höheren Überlebensrate spielen aber auch gravierende Folgeerkrankungen eine immer größere Rolle. Bei 10 bis 25 Prozent der Frühgeborenen wird eine geistige Behinderung diagnostiziert, bei 2 bis 15 Prozent eine Cerebralparese festgestellt und bei 1 bis 3 Prozent eine hochgradige Seh- und/oder Hörstörung.
  • Die psychosozialen Langzeitfolgen werden bislang zu wenig beachtet. Besonders häufig treten Verhaltens- und Teilleistungsstörungen sowie beeinträchtige Interaktionen zwischen Mutter und Kind auf.

In der pädiatrischen Praxis kommt es laut Oberle bei der Nachsorge besonders darauf an, die kindlichen Entwicklungen und Reaktionen regelmäßig zu beobachten und auch die Eltern immer wieder neu anzuleiten. Und das von der frühersten Kindheit an bis zum Übergang im Erwachsenenalter. Oberle: Die Nachsorge endet noch längst nicht nach dem Kleinkindesalter und auch nicht mit dem Schuleintritt.“ Um eingefahrene Automatismen zu hinterfragen, müsse zum Beispiel regelmäßig der Entwicklungsstand des Kindes überprüft, eine Ernährungsanamnese erfolgen, Sprachfähigkeit und Kognition getestet und auch die Belastungsfähigkeit der Eltern immer wieder angesprochen werden.

Besonders wichtig sei die Nachsorge im ersten Lebensjahr des Kindes. Hilfreich sei hier die gesetzlich verankerte sozialmedizinische Nachsorge des Kindes im Alter von drei bis sechs Monaten durch ein ganzes Nachsorgeteam, womit die Ärzte enorm entlastet werden könnten. Entlastet werden könnten die niedergelassenen Pädiater aber auch dann, wenn sie von den Kliniken besser und schneller über den medizinischen und psychosozialen Nachsorgestatus eines Kindes informiert würden.


R. Schmid