Die Zahlen sind alarmierend: In Asien sind bereits über 80 % der Jugendlichen kurzsichtig, und auch in Europa steigt die Zahl kurzsichtiger Kinder und Jugendlicher stetig an. Kinder- und Jugendärzte spielen eine wichtige Rolle bei der Prävention und Erkennung von Myopie.

Die Corona-Pandemie hat sicherlich auch in Europa zur Zunahme der Myopie beigetragen. Langandauernde Naharbeit an Büchern, am PC oder mit Handy und Tablet sowie fehlender Aufenthalt im Freien haben insbesondere bei genetisch vorbelasteten Kindern zur Entstehung oder Verstärkung von Kurzsichtigkeit geführt.

Bei der Myopie handelt es sich um ein pathologisches Achsenlängenwachstum des Auges, das meist zwischen dem fünften und 16. Lebensjahr auftritt. Den Kindern und auch den Eltern ist zunehmende Kurzsichtigkeit über einen längeren Zeitraum oft nicht bewusst. Deshalb sind die Vorsorgeuntersuchungen und insbesondere die J1 wichtig, um Kurzsichtigkeit frühzeitig zu erkennen. Die Kinderärzte müssen darauf hinweisen, dass viel Naharbeit bei künstlichem Licht und zu wenig Aufenthalt im Freien zu Kurzsichtigkeit führen oder eine bestehende Kurzsichtigkeit verstärken kann.

Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren neue Therapieformen und damit die Möglichkeit – insbesondere bei der Schul­myopie im Wachstumsalter – die Progredienz zu verlangsamen. Dies ist von besonderem Wert, da die Risiken für schwerwiegende Augenerkrankungen im Alter verringert werden können, wenn die Dioptrien-Werte nicht zu stark ansteigen. Die Kinder- und ­Jugendärzte sollten die Eltern und die Jugendlichen über die neuen Myopie-Therapien wie Atropin-Augentropfen, spezielle Brillen und Kontaktlinsen informieren.

Gerade kurzsichtige Eltern sind überrascht, dass therapeu­tische Maßnahmen möglich sind. Zu Beginn ihrer eigenen Myopie haben sie vielleicht eine Brille oder Kontaktlinsen getragen, aber nicht mit dem Effekt, die Zunahme der Myopie zu verlangsamen. Dies ist eine wichtige Information, bevor das Augenlängenwachstum des Kindes zu weit fortgeschritten ist und die Werte stark ansteigen.


Katharina Maidhof-Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (5) Seite 302