"Patient Science" bezieht Patienten und Angehörige umfassend in die Forschung ein: eine Studie am Beispiel der Mukoviszidose.

Die Erforschung Seltener Erkrankungen gestaltet sich oft schwierig, und es existieren bislang kaum Studien, die Bürger im Sinne von Citizen Science aktiv beteiligen. Deshalb bezieht eine neue Studie unter Leitung des Fraunhofer ISI an Mukoviszidose Erkrankte sowie deren Angehörige umfassend mit ein. Ziel der im Wesentlichen von Patienten durchgeführten Studie ist es, ein für die Erkrankten wichtiges und für die gemeinsame Erforschung geeignetes Thema zu identifizieren und zu bearbeiten. Darüber hinaus sollen die Potenziale und Grenzen dieses "Patient Science"-Ansatzes aufgezeigt werden.

8.000 Mukoviszidose-Patienten in Deutschland

In Deutschland leiden mehr als 4 Millionen Menschen an einer Seltenen Erkrankung. Dazu zählt auch Mukoviszidose, eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung, von der etwa 8.000 Menschen hierzulande betroffen sind. Wissenschaftliche Studien befassen sich nur selten mit den alltäglichen Lebensbedingungen von Patienten sowie deren Angehörigen. Dabei sind mögliche Verbesserungen im Alltag ausgesprochen wichtig, weil sie sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken können.

Betroffene und Angehörige in Studie einbezogen

Eine neue "Patient Science"-Studie nimmt sich diesem Problem an und bezieht an Mukoviszidose Erkrankte und Angehörige erstmals umfassend in ein Forschungsprojekt mit ein. Unterstützt wird das innovative Vorhaben vom Bundesverband Selbsthilfe bei Mukoviszidose, dem Mukoviszidose e. V., der sein Spezialwissen über die Erkrankung und seine Kontakte einbringt.

Dr. Nils Heyen, der das Projekt am Fraunhofer ISI leitet, beschreibt dessen Ziele wie folgt: "Es geht vor allem darum, ein wesentliches Alltagsproblem von Mukoviszidose-Patientinnen und -Patienten zu identifizieren, zu erforschen und damit zu dessen Lösung beizutragen. Darüber hinaus sollen die Potenziale und Grenzen von Patient Science als einem neuen bürgerwissenschaftlichen Ansatz aufgezeigt und so das allgemeine Konzept von Citizen Science methodisch und hinsichtlich seines Einsatzspektrums weiterentwickelt werden."

Zusammenarbeit zwischen Berufs- und Patientenwissenschaftlern

Bislang beschränkt sich in vielen "Citizen Science"-Vorhaben die Beteiligung von Bürgern auf das Datensammeln, etwa beim Beobachten von Tieren oder Insekten. In diesem Vorhaben werden hingegen in einer ersten Projektphase Themen gesammelt und die eigentliche Fragestellung der Untersuchung ausgearbeitet, die zum Start bewusst offengelassen ist. Dies soll die aktive Mitwirkung der Patientenwissenschaftler gewährleisten und sicherstellen, dass wichtige Bedarfe und alltägliche Probleme der Mukoviszidose-Community berücksichtigt werden. Im Anschluss daran wird die Untersuchung detailliert geplant und für die Durchführung benötigte Kompetenzen durch einen direkten Austausch mit Berufswissenschaftlern vermittelt.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Berufs- und Patientenwissenschaftlern gilt auch für alle weiteren Projektphasen. Auf Grundlage der Ergebnisse des Vorhabens werden abschließend ein Praxisleitfaden und Handlungsempfehlungen entwickelt, die auf positive Impulse für den Alltag von Betroffenen hinwirken sollen.

Quelle: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)Quelle: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI); www.isi.fraunhofer.de


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2018; 89 (3) Seite 171