Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit Adipositas wird nach Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse immer größer. Fachleute sehen eindeutige Zusammenhänge mit den Lockdowns in der Corona-Pandemie.

Nach den Ergebnissen der anonymisierten Daten der 1,6 Millionen Versicherten bei der KKH ist die Zahl der Adipositas-Fälle allein vom Vor-Corona-Jahr 2019 bis 2021 bei den 6- bis 18-Jährigen um fast 11 % gestiegen, bei 15- bis 18-jährigen Jungen sogar um 18,7 % und bei den gleichaltrigen Mädchen um gut 12,0 % [1]. Laut einer Untersuchung im Kölner Raum habe Übergewicht von Kindern und Jugendlichen vor allem in sozialen Brennpunkten zugenommen, in wirtschaftlich starken Stadtteilen sei es gleichgeblieben. Insgesamt erhielten mehr als 11.500 KKH-Versicherte bis 18 Jahre die ärztliche Diagnose Adipositas und damit jeder 16. Junge und jedes 18. Mädchen.

Der Grund für die Entwicklung: Homeschooling mit stundenlangem Sitzen vor dem PC, fehlender Sportunterricht, kaum Treffen mit Freunden, geschlossene Sportstätten. Die Pandemie habe das Leben vieler Kinder und Jugendlichen aus dem Lot gebracht und Inaktivität gefördert, erläutert Aileen Könitz, Ärztin und Expertin für psychiatrische Fragen bei der KKH. „Das war ein Einfallstor für Ersatzhandlungen, um Frust, Stress und Einsamkeitsgefühle zu kompensieren.“ Manch einem half da der Griff zu Dickmachern wie zuckerhaltigen Softdrinks, Schokolade oder Chips, die für „Glücksempfinden“ sorgen. Andere hockten in ihrer Freizeit über Stunden nahezu bewegungslos chattend und spielend vor dem PC.

Neben den von den Kinder- und Jugendärzten aufzufangenden gesundheitlichen Risiken kann Adipositas bei betroffenen Kindern und Jugendlichen auch erheblich die psychische Balance ins Wanken bringen. „Diskriminierung und Mobbing wegen ihres Körpergewichts gehören für viele von ihnen zum Alltag“, so Aileen Könitz. Dies kann auch zu psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder einer Depression führen.

Eine zentrale Rolle bei der Vorbeugung kommt Eltern zu. Sie haben eine Vorbildfunktion in Sachen Gesundheitsbewusstsein für ihre Kinder. Das sollten Pädiater Eltern in Beratungsgesprächen immer wieder bewusst machen – gerade jetzt. Ernähren sie sich gesund und bewegen sich viel, tut das meist auch ihr Nachwuchs langfristig.


Literatur


Autorin

Katharina Maidhof-Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (1) Seite 8