Im Oktober 2024 fand in Potsdam der EUHSUM-Kongress (European Union for School and University Health and Medicine) statt, der sich mit der Schulgesundheitspflege befasste. Diese dort vertretene internationale Vielfalt ermöglichte einen einmaligen Überblick über innovative Konzepte zur Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung an Schulen.
Unter dem Motto "Schulgesundheitspflege und Vernetzung" kamen Fachkräfte, Ärzte, Professoren und Experten aus ganz Europa zusammen, um sich über die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen in diesem Bereich auszutauschen. Der Kongress wurde von Frau Dr. Gabriele Elsässer, Präsidentin der EUSUHM, in der Oberlinschule – einer Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung – eröffnet. In ihrer Begrüßungsrede stellte Gabriele Elsässer heraus, wie wichtig internationale Zusammenarbeit und der Austausch von Best Practices in der Schulgesundheitspflege seien.
Der Kongress bot eine Plattform für Referenten aus Finnland, Schweden, Dänemark, Niederlanden, Belgien, Deutschland, Schweiz, Österreich, Slowenien, Kroatien, Ungarn, Litauen, Estland und Kanada, um ihre neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu teilen.
DGSPJ bringt das Thema voran
Ein wesentlicher Aspekt des Kongresses war die multiprofessionelle Ausrichtung der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ), die sich aktiv für die Weiterentwicklung und die politische Positionierung des Themas Schulgesundheit einsetzt. Die DGSPJ arbeitet interdisziplinär, indem sie Experten aus verschiedenen Bereichen, wie Medizin, Psychologie, Pädagogik und Pflege, zusammenbringt, um gemeinsam an umfassenden Konzepten zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Die Weiterentwicklung der Implementierung von Schulgesundheitsfachkräften (SGFK) in Schulen spielt hier eine wesentliche Rolle.
Im Rahmen der Veranstaltung wurde betont, wie wichtig es ist, das Thema Schulgesundheit auch auf politischer Ebene weiter voranzubringen. Die DGSPJ hat sich als treibende Kraft etabliert, um nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse zu fördern, sondern auch aktiv Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine nachhaltige und flächendeckende Gesundheitsversorgung an Schulen ermöglichen. Aktuell bestehen in vielen Ländern noch Herausforderungen in der Umsetzung, wie etwa fehlende gesetzliche Grundlagen oder unzureichende Ressourcen und Finanzierungen. Der Kongress war daher auch ein Aufruf an politische Entscheidungsträger, das Thema verstärkt in den Fokus zu rücken.
An einem Kongresstag trafen sich im Rahmen des EUSUHM-Kongresses Schulgesundheitsfachkräfte aus den deutschsprachigen Ländern der EU sowie Netzwerkpartner. Diese Tagung, organisiert in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), dem AWO Bezirksverband Potsdam e. V., dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD/KJGD) und der DGSPJ, ermöglichte einen intensiven Austausch über die aktuelle Situation im deutschsprachigen Raum.
Belgien sticht als Vorbild heraus
Vertreterinnen der Schulgesundheitsfachkräfte stellten ihre Konzepte und bestehende Herausforderungen in den jeweiligen Ländern vor, darunter lückenhafte gesetzliche Regelungen und regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung. Dabei wurden verschiedene Präventionsprogramme und Modelle präsentiert, die als Vorbild für andere Länder dienen könnten. Die überregionale Zusammenarbeit stand im Mittelpunkt, um umfassende, nachhaltige Lösungen für die Schulgesundheit und somit die Verbesserung der Gesundheitskompetenz in unserer Gesellschaft zu entwickeln.
Vorbild sind Länder wie Belgien mit 3.300 Schulgesundheitsfachkräften im Vergleich zu Deutschland mit aktuell 100 Gesundheitsfachkräften. Gesundheitliche Chancengleichheit und Krankheitsprävention werden durch medizinische Untersuchungen, kostenlose Impfangebote, Seh- und Hörtest, gesundheitliche Aufklärung erzielt.
Schulvermeidung wird zunehmend zum Problem
Am Nachmittag fanden praxisorientierte Workshops zu den drängenden Themen Cybermobbing und Schulabsentismus statt. Diese Workshops boten nicht nur theoretische Hintergründe, sondern auch konkrete Handlungsstrategien für den Schulalltag. Besonders das Thema Schulvermeidung, das in vielen europäischen Ländern zu einem zunehmenden Problem wird, stieß auf großes Interesse. Abschließend wurden die Ergebnisse der jeweiligen Workshops zusammengefasst und vorgestellt.
Nachhaltiger politischer Impetus
Der EUSUHM-Kongress 2024 wurde zu einem vollen Erfolg und von einem engagierten Team organisiert, zu dem Gabriele Elsässer (Fachausschuss KJGD/BVÖGD), Sybille Rudnik (Schulgesundheitsfachkraft, Cottbus) und Anna Romberg (Schulgesundheitsfachkraft, Berlin) gehörten.
Unterstützt wurde die Veranstaltung von einer Vielzahl an Unterstützern und Förderern, darunter die Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e. V. (ÄGGF), Safe Kids, das Kindernetzwerk, die Pfizer Pharma GmbH, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Maico, MSD und Voss Medizintechnik. Der EUHSUM-Kongress 2024 zeigte einmal mehr die Dringlichkeit des Themas Schulgesundheitspflege auf. Dank des interdisziplinären Austauschs und der politischen Arbeit – vor allem initiiert durch die DGSPJ – wurden wichtige Schritte zur weiteren Vernetzung und Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die Gesundheitsversorgung an Schulen initiiert und damit auch eine Grundlage für zukünftige politische Entscheidungen geschaffen.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (1) Seite 59-60