Welche Folgen nach einer kongenitalen Cytomegalievirus-Infektion können auftreten? Worauf ist bei der Nachsorge zu achten? Diesen Fragen ist eine Arbeitsgruppe in einer Studie nachgegangen - mit interessanten Ergebnissen.
Kongenitale Cytomegalievirus-Infektionen (cCMV) kommen weltweit vor und führen bei infizierten Kindern im Verlauf zu entwicklungsneurologischen Problemen. Eine flämische Arbeitsgruppe hat Kinder mit einer cCMV in einem Register seit 2013 eingeschlossen und dieses ausgewertet.
Insgesamt wurden 753 Kinder entwicklungsneurologisch nachuntersucht. 530 der 753 infizierten Kinder (70,4 %) wiesen eine unauffällige Entwicklung auf. Eine leichte entwicklungsneurologische Beeinträchtigung fand sich bei 128 von 753 Kindern (16,9 %), eine moderate bei 56 von 753 (7,4 %) und eine schwere bei 39 von 753 (5,2 %). Die Klassifikation „leicht, moderat und schwer“ wurde von den Autoren der Studie wie folgt definiert (Tab. 1).
Perinatale Charakteristika
Bei 717 von 753 (95,2 %) cCMV-Infizierten wurde mittels kraniellem Ultraschall (crUS), Computertomographie (cCT), Magnetresonanztomographie (cMRT) oder einer Kombination davon eine Bildgebung des Zentralnervensystems durchgeführt. Auffällige Befunde wurden bei 26,5 % der crUS (175 von 660), 19,5 % der cCT (8 von 41) sowie 35,4 % der cMRT (188 von 531) gefunden. Das Management von Kindern mit cCMV in Flandern hat sich im Laufe der Jahre verändert. Während der initialen Registererfassung war die cMRT-Untersuchung im Gegensatz zur crUS über einen längeren Zeitraum nicht obligatorisch.
Ein Hörnachweis sowie eine augenärztliche Beurteilung nach der Geburt war bei 749 von 753 (99,5 %) bzw. 729 von 753 (96,8 %) cCMV-Infizierten verfügbar.
Ein Hörverlust lag bei 114 von 749 (15,2 %) kurz nach der Geburt bereits vor, eine ophthalmologische Auffälligkeit bei 4 von 729 (0,5 %). Weitere klinische Merkmale (z. B. Mikrozephalie, Wachstumsstörung, Petechien, Hepatosplenomegalie und Ikterus) waren bei 66 von 753 (8,8 %) der Kinder bei der Geburt vorhanden.
Ein Verlauf mit einer Beeinträchtigung wurde sowohl in zuvor asymptomatischen als auch symptomatischen Kindern gefunden (17,8 % versus 53,5 %). Autismus-Spektrum-Erkrankungen traten nach cCMV häufiger auf als in einer flämischen Vergleichsbevölkerung (2,5 % versus 0,7 %). Tabelle 2 gibt die Anzahl der einzelnen, organbezogenen „Schädigungsereignisse“ nach cCMV wieder. In Tabelle 3 wird die Schwere der Beeinträchtigung nach cCMV-Infektion in Abhängigkeit vom Infektionszeitpunkt wiedergegeben.
Fazit
In der vorliegenden Untersuchung werden entwicklungsneurologische Befunde von Kindern mit cCMV, die zwischen 2007 und 2020 im flämischen CMV-Register geführt worden sind, beschrieben. Es dürfte sich dabei um die wohl größte weltweit je beschriebene Kohorte von cCMV-Patientinnen und -Patienten handeln. Viele Daten stimmen gut mit dem überein, was in der bislang verfügbaren Literatur bekannt ist. Die Studie zeigt, dass sowohl symptomatische als auch asymptomatische Kinder unabhängig vom Zeitpunkt der Serokonversion Folgeerscheinungen aufweisen können. Während der Nachsorge von Kindern mit cCMV-Infektion sollte ein besonderes Augenmerk auf die audiologische Nachsorge, das Erkennen einer motorischen Entwicklungsstörung (Zerebralparese) sowie auf die sprachliche und soziale Kompetenz gelegt werden. Es besteht möglicherweise nach cCMV auch ein erhöhtes Risiko für eine Autismus-Spektrum-Erkrankung.
Die Studienergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer gründlichen Überwachung der neurologischen Entwicklung cCMV-infizierter Kinder insgesamt.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2024; 95 (3) Seite 174-175