Das Handy, immer dabei und immer im Blick: Mehr als ein Viertel der Kinder und Jugendlichen zeigt ein problematisches Nutzungsverhalten in Bezug auf digitale Spiele, soziale Medien und Videostreaming.
Seit 2019 untersucht das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) im Auftrag der DAK-Gesundheit das Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Die Ergebnisse der neuesten Studie „Ohne Ende Online“ sind besorgniserregend: Demnach nutzen 25 % der 10- bis 17-Jährigen soziale Medien in riskantem und pathologischem Ausmaß, 4,7 % in dieser Altersgruppe gelten als abhängig. Im Zuge der COVID-19-Pandemie konnte ein deutlicher Anstieg der Nutzungszeiten sowie problematischer Nutzungsmuster digitaler Medien festgestellt werden. Auch nach der Pandemie ist der Alltag von Kindern und Jugendlichen durch eine zunehmende Digitalisierung und einen starken Einfluss sozialer Medien geprägt. Insgesamt weisen demnach 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche einen problematischen oder gar pathologischen Internetkonsum auf. Die Medienabhängigkeit liegt deutlich höher als bei der Vorgängerstudie vor fünf Jahren: So lag der Anteil der problematischen Social-Media-Nutzung 2019 bei 11,4 %. Das ist ein Anstieg um 126 %. Jungen sind mit 6 % fast doppelt so häufig betroffen wie Mädchen (3,2 %). Die Befragten gaben an, täglich rund zweieinhalb Stunden mit Social Media zu verbringen. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu vor fünf Jahren: Denn im Jahr 2019 verbrachten die Kinder und Jugendlichen durchschnittlich eine halbe Stunde weniger pro Tag mit Social Media.
Im Durchschnitt wird alle 12 Minuten auf den Bildschirm geschaut, was zu mehr als 80 Unterbrechungen pro Tag führt. Ein in diesem Zusammenhang relevantes Phänomen ist das sogenannte "Phubbing", ein Begriff, der sich aus den englischen Wörtern "phone" (Telefon) und "snubbing" (schroffe Zurückweisung) ableitet. Phubbing beschreibt die Praxis, sich in einer sozialen Interaktion lieber mit dem eigenen Smartphone als mit dem Gegenüber zu beschäftigen. Fast 36 % der Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die Smartphone-Nutzung anderer Personen ignoriert. Rund einem Drittel der Eltern geht es genauso. Häufige Phubbing-Erfahrungen können – so die Ergebnisse der Studie – zu psychischen Belastungen wie Depressionen, Einsamkeit, Stress und Ängste beitragen.
Die Studienautoren regen die Einführung eines neuen Schulfachs zur Gesundheitsbildung an, wie es bereits in Kanada, Großbritannien und Finnland etabliert wurde. In diesem Schulfach könnten Themen wie Suchtprävention, Medienkompetenz, Selbstakzeptanz, Resilienz und gesunde Beziehungen behandelt werden.
Katharina Maidhof-Schmid