Seit Beginn der Pandemie wird vermutet, dass SARS-CoV-2 das Chronische Fatigue-Syndrom ME/CFS verursachen kann. Wie weit auch Kinder und Jugendliche davon betroffen sind, wurde nun bei der Seroprävalenz-Studie SARS-CoV-2-KIDS ermittelt.

Obwohl bei Kindern und Jugendlichen Corona-Infektionen oft mild oder sogar ganz ohne Symptome verlaufen, können auch sie von Spätfolgen betroffen sein. Long-COVID-Symptome werden in der Corona-Pandemie auch bei Kindern und Jugendlichen beobachtet, bei denen keine Infektion nachgewiesen wurde, wie nun eine Forschungsgruppe berichtet. Die Patienten klagen über Beschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit (Fatigue), Kurzatmigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und -schmerzen. Die Forscher stützen sich auf die Ergebnisse der SARS-CoV-2-KIDS-Studie, eine vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Seroprävalenz-Studie, die vom Charité-Virologen Professor Christian Drosten, dem STIKO-Mitglied und Pädiater Professor Rüdiger von Kries und dem Mannheimer Pädiater Professor Horst Schroten geleitet wurde.

In die Teilstudie wurden 634 Kinder und Jugendliche mit einem mittleren Alter von elfeinhalb Jahren im Zeitraum von Mai bis Oktober 2021 an neun Kinderkliniken aufgenommen. Die Teilnehmer bzw. deren Eltern füllten Fragebögen (DePaul Symptom Questionaire) aus, die um ein Screening-Instrument für ME/CFS bei fünf- bis siebzehnjährigen ergänzt waren. Außerdem wurden Blutproben der Kinder und Jugendlichen auf IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht. 294 (46,4 %) waren Jungen, 340 Mädchen (53,6 %). Bei 198 (31,2 %) Studienteilnehmern zeigten sich Symptome von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) wie chronische Müdigkeit und /oder schulische oder kognitive Schwierigkeiten sowie mindestens vier weitere Symptome.

Unter den 634 Studienteilnehmern waren 100 (15,8 %) seropositiv, davon berichteten 40 Teilnehmer (40,0 %) über ME/CFS-Symptome. Bei 158 seronegativen Kindern ohne SARS-CoV-2-IgG-Antikörpernachweis wurden ebenfalls diese Symptome beobachtet (29,6 %).

Bei den absoluten Risiken (AR) drehte sich angesichts der geringen Zahl mit positivem Nachweis (100) das Bild: 40,0 vs. 29,6 % AR für eine ME/CFS-Symptomatik. Es zeigte sich kein statistisch relevanter Unterschied, nachdem die Ergebnisse um Geschlecht, Alter und Vorerkrankungen adjustiert worden waren.

Nur 24 der 634 (3,8 %) teilnehmenden Kinder und Jugendlichen gaben an, in der Vergangenheit positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden zu sein. Wurde die Analyse auf die 610 Kinder und Jugendlichen beschränkt, deren SARS-CoV-2-Infektionsstatus unbekannt war, verringerte dies die adjustierten Risiken für alle Symptome mit Ausnahme von Gelenkschmerzen.

Fazit: Das Risiko für ME/CFS durch eine SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern und Jugendlichen ist nach den Ergebnissen der Studie und Schlussfolgerungen der Forscher „wahrscheinlich sehr klein“. Für komplexe und unspezifische Symptome einer chronischen Erschöpfung während der Corona-Pandemie sollten auch andere alternative Erklärungen wie zum Beispiel die langen Phasen des Lockdowns in Betracht gezogen werden.


Quelle

Katharina Maidhof-Schmid