Nicole Formica-Schiller: Künstliche Intelligenz und Blockchain im Gesundheitswesen: Wie COVID-19 und zukunftsweisende Technologien den Status quo ­revolutionieren. 2021, 160 Seiten, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, ISBN: 978-3437235917, 19 Euro

Unbestritten zeichnet sich bereits im heutigen Gesundheitswesen ein radikaler Wandel bzw. eine digitale Transformation des Gesundheitssystems ab, hin zu einem digitalen zukünftigen Gesundheitswesen 5.0. Dieser Prozess war bisher sicher auch für die meisten Kipra-Leser ein Buch mit 7 Siegeln. Damit ist nun Schluss. Das Buch richtet sich an den interessierten Laien, der – wie die meisten Pädiater – keine oder nur geringe Kenntnisse zum Thema KI und Blockchain mitbringt und dennoch aber wissen möchte, worum es geht.

Dabei stehen 2 Begriffe im Fokus, die oft auch miteinander vermischt werden: Die Künstliche Intelligenz (KI), die menschliche Intelligenz oder Entscheidungsstrukturen über Algorithmen mit Computersystemen bzw. Maschinen simuliert. Sie wird daher auch als "nachgeahmte Intelligenz" bezeichnet. Und der Begriff Blockchain: Hierbei handelt es sich um eine digitale, dezentrale Datenbank, die aus kontinuier-lich erweiterbaren und aktualisierten Listen von Datensätzen (eng. "blocks") besteht, die über kryptografische Verfahren miteinander verkettet (engl. "chain") werden.

Doch welche Vorteile resultieren daraus?

  • Zunächst einmal eine erhebliche Vereinfachung des Datentransfers mit hohem Sicherheitsstandard. Jeder Teilnehmer ist Eigentümer seiner Daten, da sämtliche Transaktionsnachweise auf der Blockchain hinterlegt und für alle daran Beteiligten – ohne Eingriffsbefugnisse irgendeiner undefinierbaren zentralen Autorität – einsehbar sind.
  • Und dann der praktische Nutzen auch für den Pädiater: Computerprogramme mit KI können bei der Vorabanalyse von z. B. Röntgenbildern schneller zu Ergebnissen kommen. Aber: Die finale Auswertung und die daraus resultierenden Folgeschritte müssen weiter durch den Mediziner selbst erfolgen.
  • Und natürlich lassen sich solche Tracking-Anwendungen auch gut im Kampf gegen Coronaviren oder andere potenzielle neue Viren einsetzen. Die Blockchain würde die nahtlose Konnektivität von Daten der App mit Gesundheitsdaten oder Laborergebnissen ermöglichen und damit Authentizität und Transparenz dieser Daten sicherstellen.

Dennoch muss vor Euphorie gewarnt werden. Und das geschieht in dem Buch zum Glück auch. Denn man muss davon ausgehen, dass sich KI nur langsam durchsetzen wird. Es wird noch eine Weile dauern, bis es beispielsweise beim Nachweis von Blutungen bei MRT-Aufnahmen des Gehirns gelingt, alle hierbei möglichen potenziellen Befunde in medizinischen Bildern vollständig zu identifizieren. Darüber hinaus sind die meisten klinischen Abläufe noch weit davon entfernt, für den Einsatz KI-basierter Anwendungen vollständig alltagstauglich zu sein. Zudem sind auch noch nicht alle gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden, um sie schon jetzt unbegrenzt einsetzen zu können.

Und wie sieht es mit den Kosten aus?

Zwar kann es als Konsequenz der Anwen-dung von Blockchain zu Kosteneinsparungen kommen. Doch natürlich müssen auch die monetären Aufwendungen für Investitions- und Servicebedarf mit bedacht werden. In der Euphorie der Digitalisierungswelle fällt das oft unter den Tisch.

Ob durch den richtigen Einsatz von KI aber – wie es die Autorin erhofft – so viele Zeitressourcen geschaffen werden können, dass diese dann einem intensiveren Austausch zwischen Pädiatern und Eltern oder Jugendlichen zugutekommen, ist doch zu bezweifeln. Denn mit der KI werden gerade im Arzt-Patienten-Verhältnis auch neue Fragen auftauchen, denen sich Kinder- und Jugendärzte immer wieder neu stellen müssen.

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Autor
Raimund Schmid, Aschaffenburg

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (5) Seite 190