Der niedergelassene Kinder- und Jugendarzt Dr. Stephan H. Nolte aus Marburg ist seit vielen Jahren Mitglied der Kipra-Redaktion und schreibt unter anderem Praxiskolumnen. Am 23. November wurden er und die tschechische Biochemikern Dr. Vera Trnka (Bild) für ihre gemeinsame wissenschaftliche Arbeit mit dem Herbert-Lewin-Preis 2021 ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!

Der Herbert-Lewin-Preis ist ein Forschungspreis zur Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft in der NS-Zeit. Nolte und Trnka erhielten die Auszeichnung für ihre Arbeit über die Lebensgeschichte des Pädiaters Berthold Epstein „In den Grauzonen der Geschichte“. Der letzte Lehrstuhlinhaber an der Findelanstalt der deutschen medizinischen Fakultät der Universität Prag war Prof. Berthold Epstein (1890 – 1962). Als Jude wurde er amtsenthoben, floh mit seiner Frau noch 1940 nach Norwegen, wurde nach der deutschen Besatzung inhaftiert und nach Auschwitz deportiert. Epstein überlebte den Holocaust als Häftlingsarzt in Auschwitz, vom berüchtigten Josef Mengele als Pädiater eingesetzt. Nach der Befreiung kehrte er trotz widriger Umstände nach Prag zurück und arbeitete privat als Kinderarzt, bevor er 1950 bis zu seinem Tod wieder einer pädiatrischen Abteilung vorstand. Vera Trnka wurde als Kind von Shoa-Überlebenden in Prag geboren.

„Sie war Patientin von Epstein in der Prager Nachkriegszeit mit vielen anderen jüdischen Kindern, deren Eltern entweder umgekommen oder nach Theresienstadt oder Auschwitz in Prag gelandet waren. Sie hat sich später privat mit Epstein beschäftigt, und mich in der Fußnote einer Publikation ‚entdeckt‘ und angeschrieben. Daraus hat sich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit ergeben“, erklärt Nolte die Entstehungsgeschichte der preisgekrönten Arbeit.

Vorbildliches Gemeinschaftswerk

Laut Jury liefert dieses „vorbildliche Gemeinschaftswerk ein eindrucksvolles Beispiel für die deutsch-tschechisch-jüdische Verständigung in der Gegenwart“. Die Arbeit sei zudem gut dokumentiert und illustriert, anrührend und spannend geschrieben.
Ausgeschrieben wird der mit 15.000 Euro dotierte Herbert-Lewin-Preis vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der Bundesärztekammer (BÄK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Er wurde 2021 zum achten Mal verliehen.


Redaktion


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2022; 93 (1) Seite 59