Für Kinder und deren Eltern, die bei Verdacht auf COVID-19 in der Praxis auflaufen, empfiehlt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) eine abgestufte Vorgehensweise.

Wiese diese Handlungsstrategie genau aussieht, hat BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach im Gespräch mit kinderaerztliche-praxis.de erläutert. Falls die Eltern Verdachtssymptome bei ihrem Kind feststellten und sich telefonisch an die Praxis wenden, sollten diese zusammen einbestellt und entsprechend getestet werden. Laut Fischbach ist dabei zu beachten, diese Termine außerhalb der offiziellen Praxisöffnungszeiten zu legen, um mögliche Ansteckungsketten zu unterbinden.

Kinder, die sich in den Wochen zuvor in Risikogebieten – zum Beispiel in Italien und speziell in Südtirol – aufgehalten haben, sollten dagegen nicht die Praxen aufsuchen, sondern direkt an die jeweils zentralen Anlaufstellen vor Ort verwiesen werden. Zumeist seien dies das Gesundheitsamt oder spezielle Anlaufstellen in Krankenhäusern. In der Stadt Solingen beispielsweise, in der Fischbach als Pädiater niedergelassen ist, fungiere die ortsansässige Lungenfachklinik als zentrale Anlaufstelle für Kinder mit Verdacht auf COVID-19.

Fischbach wies aber auch darauf hin, dass diese Empfehlungen immer wieder neu an die aktuelle Ausbreitungssituation insgesamt und speziell auf die Entwicklung in der jeweiligen Region angepasst werden müssten. Nach bisherigen Erkenntnissen seien Kinder weit weniger gefährdet, als Erwachsene. Auch schwere Verläufe und Todesfälle seien bei Kindern bisher nicht bekannt. Eine Rolle spiele auch das Alter der Kinder. Fischbach: „Je jünger die Kinder sind, desto weniger seien sie gefährdet.“

Die Deutsche Akademie ´für Kinder- und Jugendmedizin weist aber darauf hin, dass auch bei Kindern „wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko“ für einen komplizierten Verlauf bei chronischen Erkrankungen des Herzens, der Lunge oder bei Minderung der Infektionsabwehr (z.B. Chemotherapie) und auch bei Mehrfachbehinderung und Heimbetreuung besteht.

Generell begrüßt der BVKJ die unterbreiteten Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und des Bundesministeriums für Gesundheit. So sei es sinnvoll, auch in den Praxen der Kinder-und Jugendärzte grundsätzlich auf das Händeschütteln zu verzichten, in der Praxis auf das Einhalten eines sozialen Abstandes von 1 Meter zu achten und sich weit häufiger als sonst mit Seife oder Desinfektionsmitteln die Hände zu waschen. Das gelte für Ärzte und Patienten.

Fischbach kritisiert hierbei allerdings, dass die hierfür erforderlichen „Schutzmaterialien“ nicht in ausreichender Anzahl vorhanden seien. „Hier hat die Politik nicht ausreichend vorgesorgt.“ Dies liege auch daran, dass man zugelassen habe, Schutzmasken und Infektionsmittel an jedermann – und das zum Teil auch noch in großen Mengen – abzugeben.

Nicht praktikabel sei es zudem, medizinisches Fachpersonal 14 Tage lange in Quarantäne zu schicken, wenn ein möglicher Kontakt zu einem infizierten Patienten bestanden hat. Wenn dies in nächster Zeit angesichts der weiteren Ausbreitung des Virus so strikt gehandhabt werde, wird die medizinische Versorgung für alle Patienten schon bald nicht mehr sichergestellt werden können, fürchtet der BVKJ-Präsident.



Raimund Schmid (ras)