Welche psychischen Auswirkungen haben COVID-19-Lockdowns und Schulschließungen auf Kinder? Ergebnisse hierzu liefert eine Studie mit chinesischen Kindern.

Bei chinesischen Kindern sind während des COVID-19-Lockdowns vermehrt Depressionen und Ängste zu beobachten. Ob sich diese auch nach der Corona-Pandemie manifestieren, ist allerdings bislang unklar. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie von Forschern der Universität im chinesischen Wuhan, wo die Schulen bereits Ende Januar 2020 geschlossen hatten und daher bereits jetzt mehr Anhaltspunkte zu den psychischen Auswirkungen auf die betroffenen Kinder vorliegen. Die Wissenschaftler befragten rund 680 Kinder aus Wuhan und 1.100 weitere aus dem etwa 80 km entfernten Huangshi, rund 57 % waren Jungen.

Nach durchschnittlich 34 Tagen zu Hause berichteten 22,6 % von fast 1.800 Zweit- bis Sechstklässlern über Anzeichen einer Depression und 18,9 % über Angstsymptome. In Zeiten vor der Pandemie lag der Anteil hingegen lediglich bei 17,2 % bzw. 9,3 %. Vermutet wird ein enger Zusammenhang mit den eingeschränkten sozialen Interaktionen der Kinder und ihren verringerten ­Aktivitäten im Freien.

Besonders aufschlussreich ist der Vergleich zwischen Wuhan und Huangshi, weil in Wuhan die Ausgangssperre 2 Wochen länger andauerte. Bei den Schulkindern aus Wuhan wurden ­Symptome von Depressionen 1,4-mal häufiger festgestellt als bei den Schülern aus Huangshi. Die Angstsymptome unterschieden sich hingegen nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen.

Mehr als ein Drittel aller befragten Schüler war „ziemlich besorgt“ aufgrund der Corona-Pandemie, während die Hälfte die Situation „ziemlich optimistisch“ sah. Die Kinder, die nur wenig Besorgnis zeigten, hatten ein um 48 % geringeres Risiko, Depressionen zu entwickeln, als die eher besorgten Kinder. Ob die Krankheitsrisiken für die eher besorgten Kinder jedoch nach­haltig sind, wird erst die Zukunft zeigen.

(Siehe dazu auch hier das Interview mit Prof. Dr. Dr. Klaus Hurrelmann „Durch Corona drohen neue gesundheitliche Belastungen für Jugendliche“ )

Kommentar:
Eine Erkenntnis aus der Wuhan-Befragung ist besonders relevant: Je länger die Ausgangssperre in den verschiedenen Regionen angedauert hat, desto gravierender waren die psychischen Folgen für die dort lebenden Kinder. Schon 2 Wochen können hier einen großen Unterschied ausmachen. Deshalb ist es richtig, dass die pädiatrischen Verbände zuletzt immer stärker darauf gedrängt haben, Kindern nicht mehr länger ihr normales und für ihre gesunde Entwicklung notwendiges Leben vorzuenthalten. Die Szenarien, die der Jugendforscher Prof. Klaus Hurrelmann im Interview in dieser Ausgabe der Zeitschrift als Folge der Corona-Pandemie gerade für Jugendliche aufzeigt, sollten uns alle alarmieren. Denn auch hier gilt: Je früher komplett gelockert wird, desto besser sind nicht nur die gesundheitlichen Optionen für alle Kinder und alle jungen Menschen!


Autor
Raimund Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (4) Seite 232