Die DGSPJ würdigt einen hervorragenden Kinderarzt und sein vielseitiges Engagement zur Entwicklung der Sozialpädiatrie in Deutschland mit der Ehrenmitgliedschaft der Fachgesellschaft.

Professor Dr. Burkhard Schneeweiß hat sich in seiner gesamten beruflichen Tätigkeit als Direktor der Kinderklinik Friedrichshain (mit Sozialpädiatrischem Zentrum) und seinen zahlreichen Publikationen und Ehrenämtern für einen ganzheitlichen Blick auf kranke Kinder und ihre Familien eingesetzt. Die DGSPJ würdigt einen hervorragenden Kinderarzt und sein vielseitiges Engagement zur Entwicklung der Sozialpädiatrie in Deutschland mit der Ehrenmitgliedschaft der Fachgesellschaft.

Stichworte zu seinem Werdegang

Herr Prof. Schneeweiß hat zu Beginn der 1950er-Jahre an der Humboldt-Universität studiert, promoviert und anschließend am mikrobiologischen Institut gearbeitet. Der Kampf gegen Infektionskrankheiten und die Prävention durch Impfungen waren seine großen Themen und diese haben ihn ein Leben lang begleitet.

Nach einer kurzen beruflichen Zwischenstation in Potsdam in der Chirurgie und Inneren Medizin wechselte er 1960 in die Kinderklinik der Charité und habilitierte sich dort mit einer Arbeit zur Immunität bei Keuchhusten. 1973 wurde er Professor für Kinderheilkunde und übernahm die Leitung der Kinderklinik im Krankenhaus am Friedrichshain. Zu dieser Klinik gehörte auch eine Poliklinik für Kinder. Diese Polikliniken wurden nach der politischen Wende in der DDR aufgelöst. Um Kinder auch weiter ambulant und fachgruppenübergreifend versorgen zu können, gründete Professor Schneeweiß bereits 1991 ein Sozialpädiatrisches Zentrum in seiner Klinik.

Nach seiner Emeritierung 1996 hielt es ihn nicht im Ruhestand: Er leitete von 1998 bis 2015 die Kinderklinik in Kühlungsborn.

Wo lagen seine sozialpädiatrischen Schwerpunkte?

Ab 1974 war Professor Schneeweiß Chefherausgeber der Zeitschrift "Pädiatrie und Grenzgebiete". Wie bereits erwähnt, haben die Infektionen ihn als Forschungsschwerpunkte immer interessiert und er hat dazu sehr viel publiziert. Bei mehr als 350 Publikationen ist es hier nur möglich, einen winzigen Ausschnitt zu nennen.

Es gibt ein 1985 veröffentlichtes Buch mit dem Titel "Gesunde Kinder – Glück der Eltern und Ziel unserer Gesellschaft", in dem folgendes zu lesen ist:
  • "Nicht selten sind es Mehrfachgeschädigte, deren Förderung äußerst schwierig zu bewerkstelligen ist und ohne die aktive Mithilfe ihrer Eltern bzw. der Familie nicht gelingt. Für jedes Kind wird ein individuelles Förderungsprogramm erarbeitet, das entsprechend der Schädigung eine weitgehende Selbstständigkeit täglicher Verrichtungen wie Essen, Trinken, Waschen, An- und Ausziehen, Toilette benutzen usw. zum Ziel hat."
  • "Wer von uns, der gesunde Kinder hat, kann hier wirklich mitfühlen oder etwa mitreden?"
  • "Es gibt aber auch konstitutionell benachteiligte Schüler, die (...) beim Springen oder Schwimmen Schwierigkeiten haben, oder (...) nicht zu klettern imstande sind. Die ärztliche Befreiung vom Schulsport wäre hier völlig falsch. (...) Wie soll sich der Sportlehrer verhalten? (...) Die Berücksichtigung konstitutioneller Besonderheiten im Schulsport ist das Wunschziel eines Arztes für Kinder und Jugendliche."

Das liest sich heute, fast 35 Jahre später, wie die Einleitung zu einem teilhabeorientierten ICF-Seminar, in dem das Expertentum der Kinder und der Eltern in den Mittelpunkt gestellt wird und Kinder binnendifferenziert gefördert und bewertet werden.

Und auch die Rolle des medizinischen Personals bezog er in seine Schilderungen ein, dabei war er den allgemeinen Gepflogenheiten einer Kinderklinik der DDR weit voraus:

"Besonders wichtig für die Zufriedenheit der Eltern und des Kindes ist der Umgangston, mit dem Ärzte und Schwestern ihnen begegnen (...). Über diagnostische Eingriffe und therapeutische Maßnahmen werden die Eltern informiert, auch Kinder erhalten eine altersentsprechende Aufklärung, wobei besonders darauf geachtet wird, welche Fragen sie haben."

Sein politisches Engagement war eine logische Folge seines sozialpädiatrischen Denkens in diesen Größenordnungen. Zu DDR-Zeiten immer eine Gratwanderung, dabei Einfluss geltend zu machen, ohne sich vom System vereinnahmen zu lassen. Er war für die CDU im Ausschuss für Gesundheitswesen und auch 1990 noch Abgeordneter in der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. 1989 wurde er Präsident des UNICEF-Komitees der DDR, dem er nach der Wiedervereinigung weiter angehörte. Bis heute arbeitet er im Vorstand der Theodor-Hellbrügge-Stiftung.

Auch die ärztliche Weiterbildung hat sich Professor Schneeweiß auf die Fahnen geschrieben. Dafür wurde er 1995 mit der Meinhard-von-Pfaudler-Medaille ausgezeichnet für seine "Verdienste um die Fort- und Weiterbildung von Kinderärztinnen und Kinderärzten in ganz Deutschland".

Sein Geheimnis bleibt, wie er das alles zeitlich gemanagt hat. "Nebenbei" ist er schließlich auch noch Vater von 6 Kindern.

In allen Begegnungen habe ich ihn als sehr entspannt, erfrischend humorvoll, schlagfertig und wortgewandt erlebt. Seine unglaubliche Bescheidenheit wird jedem, der ihn kennt, sofort präsent sein – wenn er geehrt wird, fragt er als erstes, was er tun und beitragen kann.

Wir können hier und heute nur Danke sagen – für all das, was er geleistet hat. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin ist stolz darauf, ihn als Ehrenmitglied zu haben. Wir versuchen, in seine Fußstapfen zu treten und das weiterzuführen, wofür er sich mit so viel Engagement eingesetzt hat.



Korrespondenzadresse
Dr. med. U. Mendes
SPZ Vivantes-Klinikum im Friedrichshain
Landsberger Allee 49
10249 Berlin

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2019; 90 (6) Seite 453-454