Volker Mall, Friedrich Vogt, Nikolai H. Jung (Hrsg.) Entwicklungsstörungen und chronische Erkrankungen – Diagnose, Behandlungsplanung und Familienbegleitung, Band 2 der Reihe "Aktuelle Fragen der Sozialpädiatrie", 256 Seiten. 2017, Verlag Schmidt-Römhild, Lübeck. ISBN 978-3-7950-1922-8; 19,90 Euro

Im 2. Band der Reihe "Aktuelle Fragen der Sozialpädiatrie" fassen die Herausgeber aus dem Kinderzentrum München die Vorträge zusammen, die im Rahmen der internationalen und interdisziplinären Symposien der Theodor-Hellbrügge-Stiftung 2014 und 2015 in München gehalten wurden.

Während das Symposium 2014 sich mit Fragen der kognitiven Entwicklung sowie Aspekten von Begabung und Lernen bei Kindern mit besonderem Förderbedarf befasste, standen bei der Tagung 2015 die Familienentwicklung sowie die Stärkung der elterlichen Kompetenz im Mittelpunkt. Die Vorträge bieten einen guten Überblick über diese Thematiken und vertiefen einzelne Fragestellungen an konkreten Projekten.

Zunächst werden neurophysiologische und entwicklungspsychologische Aspekte der kognitiven Entwicklung beleuchtet, die neben der Rolle der neuronalen Plastizität für die frühkindliche Entwicklung auch Fragen von Wirkmechanismen auf die kognitiv-sprachliche Entwicklung aufwirft. Die folgenden Vorträge thematisieren die prognostische Validität, aber auch die Problematik und "Fallstricke" von entwicklungsdiagnostischen Verfahren allgemein und insbesondere bei Kindern mit globalen Entwicklungsstörungen und Intelligenzminderung.

Behandlungsstrategien bei chronischen Erkrankungen werden am Beispiel der Neurofibromatose Typ 1 dargestellt.

Weitere Referate beschäftigen sich mit Diagnostik und Behandlungsplanung bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen.

Im zweiten Teil des Kompendiums liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf Darstellungen, wie elterliche Kompetenzen gestärkt und Familien von Ärzten, Psychologen, Therapeuten und Pädagogen partnerschaftlich begleitet werden können.

Hier wird zunächst die besondere Bedeutung der Kinderärzte als primäre Ansprechpartner und kompetente Entwicklungsbegleiter hervorgehoben. Dabei ist es für sie wie für alle anderen Akteure im Unterstützungssystem wichtig, Eltern als Partner im Betreuungsprozess zu sehen und zu akzeptieren.

Besonders ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Bindungsentwicklung bei Kindern mit Behinderungen oft durch Störungen in der Eltern-Kind-Interaktion beeinträchtigt sein kann. Dies muss auch im Rahmen einer familienorientierten Frühförderung berücksichtigt werden. Dabei können auch Elternschulungsprogramme helfen, die im weiteren Verlauf vorgestellt werden.

Dargestellt wird auch die Arbeit mit psychisch kranken Eltern und ihren Kindern, hier exemplarisch am Beispiel des Konzepts im Werner-Otto-Institut Hamburg.

Am Ende dieses Buches wird aus elterlicher Sicht betont, dass das Ziel von Therapie und Entwicklungsbegleitung die Akzeptanz der individuellen Besonderheit eines Kindes mit Behinderung sein muss; dies ist unbedingte Voraussetzung für eine gelingende Inklusion.

Zusammenfassend kann dieses Buch Kinderärzten, Psychologen, Therapeuten und Pädagogen sowie sozialpädiatrisch tätigen Mitarbeitern sehr zur Lektüre empfohlen werden.


Dr. med. Burkhard Mehl, Bremen


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2018; 89 (2) Seite 152