In der Vergangenheit lag der Fokus eher auf der personellen Erweiterung in den diagnostischen und therapeutschen Teams, dabei finden sich nich selten zu wenige Servicekräfte. Ergebnisse einer Personalbedarfserhebung.

Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) sind ambulante Versorgungsstrukturen auf einem hohen Niveau, die nur auf Überweisung fast ausschließlich von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin tätig werden können und sich durch ihre multiprofessionelle und interdisziplinäre Arbeitsweise von den niedergelassenen Vertragsärzten unterscheiden. Wie viele Servicekräfte werden aber nun benötigt, damit so eine Versorgungsstruktur – wie sie im SPZ gegeben ist – funktionieren kann?

Die daraus entstehenden Personalkosten sind neben den Kosten für das Behandlungspersonal essenziell wichtig für eine Kosten-/Fallkalkulation gegenüber dem Kostenträger. Bei der Novellierung des Altöttinger Papiers (2014), das die Grundlagen der Strukturqualität in den SPZ beschreibt, sind die Funktionskräfte (Kinderkrankenschwester, Arzthelfer, Sekretärinnen- und Schreibkräfte sowie Mitarbeiter der Verwaltung) als „ergänzender Personalbedarf“ erwähnt, aber nachrangig nach dem „essenziellen Personalbedarf für das Sozialpädiatrische Team“ aufgeführt. Damit aber ein SPZ qualitativ und quantitativ funktionieren kann, sind Personalanhaltszahlen in Abhängigkeit von der Größe des SPZs, welche gemessen wird an den Quartalsüberweisungsscheinen pro Jahr, zu ermitteln.

In der Vergangenheit lag aufgrund der Zunahme der Patientenzahl eher der Fokus auf der personellen Erweiterung in den diagnostischen und therapeutischen Teams, weniger auf der Erweiterung im Service- und Verwaltungsbereich. Die Arbeitsbelastung dieser Mitarbeitergruppe, die für den reibungslosen Ablauf der sozialpädiatrischen Behandlung zuständig sind, wurde immer dann sichtbar, wenn wegen Personalknappheit Serviceleistungen, wie z. B. die telefonische Erreichbarkeit des SPZs für Patienten und Kontaktpersonen, eingeschränkt werden mussten. Da die SPZ aber in ihrer Arbeitsweise das Kind bzw. die Familie nicht losgelöst von ihrem sozialen Umfeld sehen können, ist ein offener Zugang zum SPZ essenziell. Das SPZ muss nach außen hin offen sein und erfüllt somit seinen Öffentlichkeitsauftrag.

Die AG-Strukturen (Leiter: Herr Dr. Christoph Kretzschmar), die unter dem Dach des Zentralen Qualitätsarbeitskreises (Leiter: Herr PD Dr. Peter Borusiak) für die Erhebung von relevanten Daten zuständig ist, bekam von der BAG der SPZ den Auftrag, sich dieser Problematik anzunehmen und orientierende Personalanhaltsdaten für ein Funktionieren eines SPZs zu ermitteln.

Nicht selten zu wenige Servicekräfte

Hierbei musste zuerst die Frage beantwortet werden, ob das vorhandene Servicepersonal in den SPZ ausreicht, um die Funktionsfähigkeit minimal bzw. optimal zu erfüllen. Aus unserer letzten bundesweiten Strukturdatenerhebung von 2014 konnten wir aus der Anzahl der in den SPZ tätigen Servicekräfte („ergänzender Personalbedarf“ lt. AÖ-Papier) errechnen, dass für die Behandlung von 1.000 Quartalsfällen pro Jahr ca. 1,4 Vollzeitkräfte (VK) im Servicebereich zur Verfügung stehen. Bezogen auf die gesamte Mitarbeiterzahl eines SPZs müsste durchschnittlich ca. ein Viertel von ihnen im Servicebereich tätig sein, wobei das Aufgabenspektrum dieser verschiedenen Berufsgruppen in den SPZ sehr heterogen ist und von den individuellen Bedingungen vor Ort abhängt. Dieses Aufgabenspektrum beinhaltet fallunabhängige Leistungen, wie das Aufrechterhalten der Funktionsfähigkeit des SPZs sowie fallabhängige Leistungen, wie das Termin- und Fallmanagement, die Informationsweitergabe mittels verschiedener Kommunikationsstrukturen einschließlich dem Erstellen des Arztbriefes, Dokumentationsleistungen, Finanzabrechnungen, Archivierung etc.

Auf Basis dieser Ist-Stand-Analyse von 2014 wollten wir dann mittels eines detaillierten Fragebogens ermitteln, inwieweit die personelle Ausstattung der SPZ im Servicebereich quantitativ ausreicht, um dem Behandlungsauftrag zu entsprechen und für die Öffentlichkeit (Patienten/Klienten) adäquat zugänglich bzw. erreichbar zu sein. Möglicherweise verschiebt sich aber auch der verwaltungstechnische Aufwand auf andere Berufsgruppen im SPZ-Team, sodass der Personalmangel zwar kompensiert wird, aber auf Kosten der Patientenbetreuung.

Die Fragebogenaktion erfolgte von 06 bis 07/2016, wobei der Rücklauf bei 90 von 147 SPZ lag (61 %). Die umfangreiche EDV-Datenauswertung wurde durchgeführt von Herrn Erik Rothe (Student Wirtschaftsinformatik an der HTW Dresden). Die erhobenen Daten konnten wir auch in Bezug setzen zur Größe des SPZs (klein, mittel, groß) sowie zu deren Trägerschaft (Abteilung einer Kinderklinik; eigenständiger Bereich innerhalb eines Krankenhauses; freie Trägerschaft, d. h. nicht einem Krankenhaus zugeordnet).

Orientierend kann man feststellen, dass kleine SPZ (weniger als 2.368 ÜS/Jahr) vorwiegend als Funktionsbereiche einer Kinderklinik geführt werden und große SPZ eher eigenständig in der Organisationsstruktur eines Krankenhauses existieren. Aufgrund der föderalen Zuständigkeit unseres Landes bezüglich der heilpädagogischen Frühförderung gibt es abweichende Strukturen in Berlin und Rheinland-Pfalz. In Berlin gibt es neben den 5 großen Krankenhaus-assoziierten SPZ vorwiegend kleinere SPZ/KJA (Kinder-/Jugendambulanzen) und in ­Rheinland-Pfalz eher größere SPZ. Beide Strukturen übernehmen auch heilpädagogische Frühförderaufgaben und sind nicht einem Krankenhaus zugeordnet.

Serviceleistungen im SPZ - Zusammenfassung der Bewertungen

Fallunabhängige Serviceleistungen
  • Die Dauer der Öffnungszeit ist abhängig vom verfügbaren Personal in den SPZ-Anmeldungen. Kleinere SPZ haben nur leicht eingeschränkte Öffnungszeiten, insbesondere wenn sie innerhalb einer Kinderklinik assoziiert sind.
  • Die telefonische Erreichbarkeit, welche abhängig ist vom vorhandenen Servicepersonal, entspricht bei Weitem nicht der Öffnungszeit. Dies gilt generell für alle SPZ, insbesondere aber auch für die Kinderklinik-assoziierten Einrichtungen.
  • Sicher aus Personalmangelgründen verzichten mehr als 1/3 der SPZ auf einen Anrufbeantworter.

Fallabhängige Serviceleistungen
  • Das Terminvergabe-Management verlagert sich bei einem kleinen, aber expandierenden SPZ mehr auf andere Berufsgruppen, was auf einen Mangel an Personal im Anmelde- bzw. Servicebereich schließen lässt.
  • Mit zunehmender SPZ-Größe nimmt die zeitliche Belastung des Anmeldepersonals für Verordnungen (Medikamente, Heilmittel) überproportional zu. Bei Kinderklinik-assoziierten SPZ werden diese Aufgaben mehr an die Ärzte delegiert.
  • Nicht abrechenbare Serviceleistungen spielen im SPZ eine große und somit personalintensive Rolle. Durch fehlende Servicekräfte werden in kleinen SPZ eher der Arzt, in mittleren SPZ dagegen vorwiegend auch andere Berufsgruppen überproportional in Anspruch genommen.
  • Bei Zunahme der zu behandelnden Fälle in kleinen SPZ – besonders im Übergang zu einem mittelgroßen SPZ werden die notwendigen Serviceleistungen mehr auf Ärzte und andere therapeutische Berufsgruppen fachfremd verlagert (Postverkehr, verwaltungstechnische EDV-Dokumentation, Quartals-Finanzabrechnung).
  • Es ist sehr naheliegend, dass bei Zunahme der Patientenfälle primär das ärztliche (therapeutische) Personal aufgestockt wird, die Servicekräfte werden aber nicht anteilig berücksichtigt. Daraus resultiert eine zunehmende bürokratische Belastung der Ärzte und Therapeuten, insbesondere in mittelgroßen SPZ.

Zum Teil reduzierte Telefonzeiten

Zu den fallunabhängigen Leistungen im Servicebereich gehören die Öffnungszeiten und somit der Zugang zum SPZ. Nach der Befragung kann festgestellt werden, dass die überwiegende Zahl der SPZ ganztägig für den Besuchsverkehr geöffnet sind, wobei die Dauer der Öffnungszeiten abhängig ist von der Größe respektive der Mitarbeiterzahl (Abb. 1). Demgegenüber zeigte sich aber bei der Befragung nach der telefonischen Erreichbarkeit, dass diese bei Weitem nicht den Öffnungszeiten des SPZs entspricht. Nur knapp die Hälfte der SPZ ist auch während der Öffnungszeit telefonisch zu erreichen. Es ist auch anzunehmen, dass eine telefonische Erreichbarkeit über die Mittagszeit eher wenig wahrscheinlich ist, andererseits aber auch viele Eltern und Kontaktpersonen wegen eigener Arbeitsverpflichtungen nur diese Zeit zur Verfügung haben, um das SPZ zu kontaktieren. Diese Problematik scheint bei großen SPZ, die viele Patienten behandeln, noch stärker ausgeprägt als bei kleinen (Abb. 2).

Als Fazit kann man sagen, dass die telefonische Erreichbarkeit hauptsächlich von der Verfügbarkeit des Servicepersonals abhängt. Dementsprechend hält fast die Hälfte der SPZ nur 1 Telefonarbeitsplatz vor, ein Viertel haben 2 und ein weiteres Viertel haben mehr als 2 Telefonarbeitsplätze. Die Anzahl der Telefonarbeitsplätze korreliert sicher mit der Größe des SPZs.

Bei der subjektiven Befragung nach der Einschätzung der telefonischen Erreichbarkeit schätzen kleine SPZ diese besser ein als mittlere oder große SPZ. Auch SPZ innerhalb einer Kinderklinik schätzen ihre telefonische Erreichbarkeit schlechter ein als eigenständige SPZ im Krankenhaus. Möglicherweise hängt dieses Qualitätskriterium von der Menge der zu behandelnden Fälle ab und der nicht adäquaten Anpassung des Personalschlüssels im Servicebereich.

Die Auswirkungen des Personalmangels zeigen sich auch bei der Frage nach der Installation eines Anrufbeantworters. 37 von 90 SPZ (ca. 41 % aller SPZ) haben neben der direkten telefonischen Erreichbarkeit keine zusätzliche Erreichbarkeit durch einen Anrufbeantworter. Hierbei gibt es keinen Unterschied bezüglich der Größe bzw. der Trägerschaft der SPZ. Demgegenüber ist aber die Erreichbarkeit der SPZ-Aufnahme per E-Mail nahezu überall möglich. Die Beantwortung der Anfragen erfolgt innerhalb von 3 Arbeitstagen.

Keine klaren Regeln beimTerminmanagement

Zu den fallabhängigen Leistungen gehört das Terminmanagement. Die Befragung ergab, dass bei kleinen SPZ der Erstvorstellungstermin noch von den Servicekräften organisiert wurde, sich aber dieser Organisationsaufwand bei mittleren SPZ mehr auf Ärzte und Psychologen verlagerte. Erst bei großen SPZ (mehr als 4.538 ÜS/Jahr) liegt der Organisationsaufwand wieder bei den Servicekräften (Abb. 3). Auch in den Kinderklinik-assoziierten SPZ werden die Organisationsaufgaben mehr auf die medizinischen Mitarbeiter (Arzt/Psychologe/Therapeut) übertragen.

Bei der Terminvergabe der Verlaufswiedervorstellung werden mit zunehmender Größe des SPZs und dem damit einhergehenden erhöhten Organisationsaufwand mehr die ärztlichen und therapeutischen Berufsgruppen in die Vergabe der Wiedervorstellungstermine involviert.

Die zeitliche Belastung des Servicepersonals bezüglich der Medikamenten-Rezeptverordnung sowie der Heilmittelverordnung nimmt mit der zunehmenden Größe des SPZs und somit auch dem Grad der Eigenständigkeit zu . Möglicherweise wird auch der Arzt in einem Kinderklinik-assoziierten SPZ überproportional mehr mit der Medikamenten-Verordnung belastet. Dagegen ist die zeitliche Belastung des Servicepersonals bei der Hilfsmittelverordnung unabhängig von der Größe der Einrichtung. Es fällt aber auch auf, dass bei mittleren SPZ prozentual mehr der Arzt als der Therapeut gefordert ist, im Gegensatz zu großen bzw. auch kleinen SPZ. Bei eigenständigen SPZ innerhalb eines Krankenhauses wird der Arzt mehr durch Servicekräfte und Therapeuten entlastet, im Vergleich zu den Abteilungs-SPZ innerhalb einer Kinderklinik.

Ein großes Problem sind die nichtabrechenbaren Serviceleistungen, insbesondere in den Zwischenquartalen, wo kein Patientenkontakt besteht. In großen SPZ werden diese vorwiegend durch Servicekräfte erbracht, in kleinen SPZ hingegen mehr auch durch die Ärzte.

Auch bei der verwaltungstechnischen Realisierung des Postverkehrs fällt auf, dass bei mittelgroßen SPZ sich diese Aufgabe mehr auf therapeutische Berufsgruppen verlagert, was dann bei großen SPZ nicht mehr der Fall ist. Das gleiche Phänomen fällt auf bei dem Einpflegen von abrechnungsrelevanten patientenbezogenen EDV-Daten sowie bei der Mitarbeit in der EDV-Quartalsfinanzabrechnung. Auch hier werden in mittelgroßen SPZ die Ärzte überproportional bürokratisch belastet im Gegensatz zu kleinen und großen SPZ (Abb. 4).

Schlussfolgerung für die Personalplanung

Die in der Strukturdatenerhebung (IV/2014) erhobenen Ist-Daten zum Servicepersonal (Pflegefachkräfte/MFA/MTA, Sekretariats- u. Verwaltungskräfte) sind Durchschnittswerte. Ob diese für einen optimalen Service ausreichen, konnte durch die subjektive Befragung von 90 SPZ genauer bewertet werden. Sicher ist, dass die Zugängigkeit eines SPZs für Eltern, aber auch Erzieher, Lehrer usw. eingeschränkt wird, wenn Servicefachkräfte nicht adäquat eingestellt werden. Als wichtiges Ergebnis dieser Personalbedarfserhebung ist festzustellen, dass besonders im Rahmen der Expansion eines SPZs durch Zunahme der Patientenfälle neben dem ärztlichen und therapeutischen Personal auch der Personalbestand der Servicekräfte anteilig zwingend erhöht werden muss. Ansonsten nimmt der bürokratische Mehraufwand bei den therapeutischen Angestellten zu, was auf Kosten der zu behandelnden Fälle geht. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist dies in den Kostensatzverhandlungen mit den Krankenkassen unbedingt mit einzukalkulieren!



Korrespondenzadresse
Dr. med. Christoph Kretschmar
Städtisches Klinikum Dresden, Sozialpädiatrisches Zentrum
Leiter der AG Strukturen der BAG-SPZ
Industriestraße 40, 01129 Dresden


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (4) Seite 255-260