Das Modellprojekt aus Potsdam geht in die Umsetzung und findet Nachahmer. Seit Anfang 2017 sind 10 Schulgesundheitsfachkräfte in Brandenburg im Einsatz.

Der inklusive Bildungsanspruch, Ganztagsangebote und die Förderung gesundheits- und bildungsbezogener Chancengleichheit aller Kinder und Jugendlichen stellt die Schulen in Deutschland zunehmend vor neue Herausforderungen.

In vielen Staaten weltweit gibt es Gesundheitspersonal an Schulen. Die Aufgaben dieser Fachkräfte sind vielfältig: Sie wirken an der Gesundheitsförderung und Entwicklung einer gesunden Schule mit, beraten Schüler, Eltern und Schulpersonal, haben gesundheitliche Probleme einzelner Mädchen und Jungen im Blick und vermitteln Hilfen durch Fachkräfte außerhalb der Schule. Sie erleichtern Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten durch Beratung und eventuell erforderlicher gesundheitlicher Versorgung den Besuch einer Regelschule.

In Deutschland hingegen sind Schulen für eine angemessene gesundheitliche Versorgung häufig nur unzureichend ausgestattet. So gibt es dort bislang eben kein medizinisches Fachpersonal, das darüber befindet, ob ein Kind nach einem Unfall oder bei Unwohlsein nach Hause geschickt wird. Lehrkräfte an Grund- und weiterführenden Schulen aber auch Kinderärzte sehen in ihrer täglichen Arbeit den Bedarf und wünschen sich eine derartige Unterstützung.

Vor diesem Hintergrund haben die Bundesländer Brandenburg und Hessen großes Interesse bekundet, das Modell der Schulgesundheitsfachkräfte auf die eigenen Schulstrukturen zu übertragen.

Begonnen hat alles im Rahmen des Plenums des Bündnisses "Gesund Aufwachsen in Brandenburg". Dort wurden die Landesregierung und andere Beteiligte im Jahr 2012 gebeten, die notwendigen Voraussetzungen für den Einsatz von Schulkrankenschwestern zu schaffen. Zunächst hatte der Projektträger AWO Bezirksverband Potsdam e. V. eine Machbarkeitsstudie verfasst, die zum Ergebnis kam, dass der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften im Land Brandenburg grundsätzlich möglich ist. Anschließend wurde ein Curriculum zur Qualifizierungsmaßnahme für examinierte Gesundheits- und Kinder-/Krankenpflegekräfte erarbeitet.

Somit wurden im Land Brandenburg zum 01. 11. 2016 zehn examinierte Krankenpflegefachkräfte eingestellt. Diese absolvierten eine Qualifizierung zur Schulgesundheitsfachkraft – in der Zeit vom 01. 11. 2016 bis zum 31. 01. 2017 als Vollzeitqualifizierung – und im Anschluss ist sie bis zum 31. 10. 2017 tätigkeitsbegleitendend.

Schulgesundheitsfachkräfte haben ihre Arbeit aufgenommen

Seit Anfang Februar 2017 sind nun zehn Schulgesundheitsfachkräfte in Brandenburg an 20 Grund- und Oberschulen sowie an einem Oberstufenzentrum im Einsatz. In den kommenden 2 Jahren werden sie im Rahmen des Modellprojektes in folgenden Bereichen tätig sein:

  • Gesundheitliche Versorgung mit dem Schwerpunkt Erstversorgung,
  • Gesundheitsförderung und Prävention,
  • Früherkennung,
  • Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen/Behinderungen bzw. nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit von der Schule,
  • Ansprech- und Vertrauensperson für Schüler mit gesundheitlichen Auffälligkeiten,
  • Interdisziplinäre Kooperation.

Eine enge Zusammenarbeit erfolgt während des Modellprojektes insbesondere mit den Gesundheitsämtern in den Modellregionen, aber auch mit den niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten.

Gesundheits- und Unfallkassen beteiligen sich

Das Modellprojekt läuft bis Oktober 2018, Partnerland ist Hessen, wo ebenfalls der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften in enger Abstimmung erprobt wird. Das Curriculum wird von der Gesellschaft zur Förderung sozialer Innovationen e. V. evaluiert. Die Berliner Charité wertet die Tätigkeit der Fachkräfte in beiden Bundesländern ab April 2017 im Rahmen einer Evaluation aus. In einem weiteren Schritt untersucht im Land Brandenburg die Leuphana Universität Lüneburg die Auswirkungen des Modellprojektes auf die Bildungschancen der Kinder.

Projektpartner im Land Brandenburg sind das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg, das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, die AOK Nordost – Die Gesundheitskasse und die Unfallkasse Brandenburg. Träger des Modellprojektes ist der AWO Bezirksverband Potsdam e. V. der Arbeiterwohlfahrt (AWO).


Korrespondenzadresse
Gudrun Braksch
Projektleiterin "Schulgesundheitsfachkräfte im Land Brandenburg"
AWO Bezirksverband Potsdam e. V.
Neuendorfer Straße 39 a
14480 Potsdam
Tel.: 03 31/73 07 17 78

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (5) Seite 332-335