Nicht zuletzt aufgrund der bedrohlichen Resistenzsituationen müssen die Herausforderungen der Infektiologie angenommen werden. Ein Positionspapier stellt 4 Maßnahmen in den Vordergrund.

Die fachgerechte individualmedizinische Versorgung mit komplexen Infektionskrankheiten kann nur durch klinisch ausgebildete Infektiologen gewährleistet werden. Unter „klinischer Infektiologie“ versteht man die klinische Diagnostik, Behandlung und Nachsorge von Infektionskrankheiten.

Klinische Infektiologie ist im Gegensatz zur diagnostisch und infektionsepidemiologisch ausgerichteten Mikrobiologie und Virologie sowie zur Prävention und Kontrolle von Infektionskrankheiten (Hygiene) bislang eine kaum entwickelte klinische Disziplin und nur in wenigen Krankenhäusern und Kliniken präsent.

Es liegt daher ein gemeinsames Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) sowie der Gesellschaft für Virologie (GfV) vor. Das Positionspapier sieht eine Gesamtkonzeption „Infektionsmedizin“ vor.

Hierbei stehen 4 Maßnahmen im Vordergrund:

  1. Entwicklung einer Zusatzqualifikation „Klinische Infektionsmedizin“ für klinische Disziplinen und Fachärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin sowie Integration der ABS-Expertenfortbildung in die ärztliche Weiterbildung.
  2. Etablierung des Facharztes für Innere Medizin und Infektiologie bzw. für Pädiatrie und Infektiologie als Schwerpunktdisziplinen sowie rasche Herstellung und Sicherung einer bedarfsgerechten Weiterbildungskapazität.
  3. Stärkere Integration der Mikrobiologie, der Virologie, der Hygiene, der klinischen Pharmazie und der Infektiologie bereits in die studentische Ausbildung, in die ärztliche Fort- und Weiterbildung und die klinische Versorgung und Wissenschaft (z. B. Modellzentren für Infektionsmedizin)
  4. Umsetzung der Leitlinienempfehlung und der daraus aufbauenden Konkretisierung durch die Empfehlung der Kommission ART bezüglich struktureller und personeller Voraussetzungen zur Sicherstellung eines rationalen Antiinfektiva-Einsatzes an Allgemeinkrankenhäusern.

Das Positionspapier ist vor kurzem im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht worden. Die Initiative kann nur begrüßt werden. Infektionskrankheiten erfahren eine Renaissance. Nicht zuletzt aufgrund der veränderten, bedrohlichen Resistenzsituationen muss mit hoher Expertise den Herausforderungen der Infektiologie begegnet werden. Insofern ist eine (strukturierte) Qualifizierungsoffensive ausgesprochen sinnvoll.


Literatur
Walger P et al. (2017) Klinische Expertise fördern. Dtsch Ärztebl 114: 948


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (4) Seite 223