Seit Mai 2015 haben die Medizinischen Zentren für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung (MZEB) eine gesetzliche Grundlage. Was bedeutet das genau?

Die Medizinischen Zentren für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung (MZEB) haben seit 01.05.2015 eine gesetzliche Grundlage im SGB V § 119c und können laut Gesetzestext bei entsprechendem Bedarf vom Zulassungsausschuss der regionalen Kassenärztlichen Vereinigung zur ambulanten Behandlung zugelassen werden.

Ebenfalls im Jahr 2015 hat die AG „Gesundheitspolitik der Fachverbände für Menschen mit Behinderung“ – ermuntert durch die guten Erfahrungen der SPZ mit dem Altöttinger Papier – eine „Rahmenkonzeption für MZEB“ erarbeitet und diese am 12. 10. 2015 fertiggestellt und öffentlich gemacht.

Die „Rahmenkonzeption für MZEB“ ist zu finden unter: www.diefachverbaende.de/Stellungnahmen/

Diese Rahmenkonzeption enthält Grundlagen und Zielvorgaben für die Arbeit in den MZEB und ist somit eine Orientierung für die Leistungsträger und die Leistungserbringer, ebenso wie für die KV-Zulassungsausschüsse.

Die MZEB sollen mit ihrem multiprofessionellen Team und ihrer interdisziplinären Arbeitsweise im ambulanten medizinischen Versorgungssystem nach den Stufen der hausärztlichen Grundversorgung und der fachärztlichen Versorgung die dritte Stufe der spezialisierten Versorgung bilden. Sie sollen somit bei entsprechender medizinischer Fragestellung phasenweise den Diagnostik- und Therapieprozess unterstützen oder übernehmen, um den hohen Anforderungen bei der Behandlung von Menschen mit geistiger und/oder mehrfachen Behinderungen gerecht zu werden.

Um den Prozess der Etablierung, Förderung, konzeptionellen Weiterentwicklung und Integration der MZEB in die regionalen Versorgungsstrukturen voranzutreiben, wurde am 14. 12. 2015 in Kassel eine BAG-MZEB ins Leben gerufen. An der Gründungsveranstaltung nahmen ca. 100 Teilnehmer teil, die als Ärzte oder Träger die Absicht haben, sich dieser Herausforderung zu stellen und ein MZEB aufzubauen. Die angenommene Satzung der BAG-MZEB sieht vor, dass ausschließlich Träger, die ein MZEB betreiben oder betreiben wollen, Mitglieder der BAG-MZEB werden können. Der Verein setzt sich als Ziel, den Prozess der Etablierung, Förderung, konzeptionellen Weichenstellung und Integration der MZEB in die regionalen Versorgungsstrukturen zu begleiten. Hauptaufgaben liegen dabei im fachlich-personellen Bereich, aber auch in der Verwaltungsorganisation. Des Weiteren sollen auch übergeordnete Gesundheits- und versorgungspolitische Aspekte bearbeitet werden.

Um die Arbeitsfähigkeit der BAG herzustellen, wurde ein 5-köpfiger Vorstand gewählt mit dem Vorsitzenden Herrn V. Hövelmann (St. Rochus-Hospital ­Telgte, Vorstand CBP) und den Vorstandmitgliedern Herrn Prof. P. Martin (Diakonie Kehl-Kork), Herrn Dr. M. Schmidt-Ohlemann (Diakonie Bad Kreuznach), Herrn Th. Wüstner (St. Elisabeth/St. Barbara-KH, Halle/S.) und Herrn PD Dr. Martin Winterholler (Rummelsberger Diakonie/ SANA AG).
Mittlerweile wurden von verschiedenen Trägern bei den Zulassungsausschüssen der regionalen KV Anträge auf Ermächtigung eines MZEB gestellt. Ermächtigungszusagen sind bisher allerdings nur vereinzelt und schleppend entschieden wurden, da auch seitens der Kostenträger (GKV) und der Zulassungsausschüsse (KBV) enormer Abstimmungs- und Klärungsbedarf bestand. Die Sozialpädiatrie hofft, dass dieser Prozess jetzt abgeschlossen ist und dass zur besseren Versorgung von erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung und/oder komplexer Mehrfachbehinderung ein bedarfsgerechtes spezielles medizinisches Angebot etabliert werden kann. Dies würde auch dem Anliegen der Behindertenrechtskonvention bezüglich der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen in Deutschland gerecht werden.

Dr. Christoph Kretzschmar


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2016; 87 (6) Seite 400-401