DGfPI: Eine stärkere Berücksichtigung von Kinderschutz und Kinderrechten gehört für die künftige Bundesregierung auf die oberste Agenda.

Prof. Dr. Wolfgang Feuerhelm, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung e.V. (DGfPI) fordert von den künftig in Deutschland verantwortlichen Politikern ein: „Deutschland als eines der reichsten Industrieländer muss sich zu einem Vorreiter bei der Durchsetzung von Kinderrechten und Kinderschutz entwickeln.“

Aktuelle Zahlen belegen, dass Deutschland von der vorbildlichen Einhaltung von Kindesschutz und Kinderrechten jedoch derzeit noch weit entfernt ist: Im Jahr 2016 haben die Jugendämter annähernd 137.000 Verfahren zur Überprüfung von Kindeswohlgefährdungen durchgeführt, die sich in 45.800 Fällen auch bestätigt haben (Quelle: Statistisches Bundesamt 2017). Als Konsequenz mussten 6.600 Kinder und Jugendliche mehr als im Vorjahr – und damit 84.230 junge Menschen – von den Jugendämtern in Obhut genommen werden.

Hinzu kommen 13.627 Anzeigen wegen Missbrauchs von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen und 6.743 Anzeigen wegen des Besitzes und der Verbreitung sogenannter Kinder- und Jugendpornografie (Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2016). Die Dunkelziffer ist laut Fachleuten noch um das 10- bis 20fache höher.

Angesichts dieser dramatischen Zahlen müsse diese Thematik laut DGfPI fester Bestandteil der künftigen Regierungsagenda werden. Die zukünftige Bundesregierung sollte deutlich mehr Engagement als die Vorgängerregierung zeigen und zusätzliche finanzielle Ressourcen bereitstellen.

Dies sieht der unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, genauso. Auch er richten einen Appell an die Politik: „Missbrauch ist bekämpfbar, aber nicht mit befristeten Minimallösungen. Es muss jetzt konsequent, dauerhaft und systematisch gehandelt werden. Ändern Sie Ihre Prioritätensetzung. Sparen Sie nicht am Kindeswohl. Kindeswohl ist keine Wohltat. Kindeswohl ist staatliche Pflichtaufgabe.“

Notwendig sei vor allem ein „Kindesmissbrauchsbekämpfungsgesetz“, das das Amt einer/s Unabhängigen Beauftragten sowie die Weiterführung der Aufarbeitungskommission und der Betroffenenbeteiligung in den kommenden Jahren sicherstellen soll, sowie eine über mehrere Jahre angelegte Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne. Damit soll deutlich werden, was sexuelle Gewalt ist, wie Täter und Täterinnen in der analogen und digitalen Welt vorgehen und an wen sich Betroffene bei sexuellen Übergriffen und Vermutung und Verdacht wenden können.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung / ras