Serie über den Zentralen Qualitätsarbeitskreis, Teil 1: Ausgangspunkt, Aufgaben und Ziele der AG Interdisziplinarität - ein Ein- und Überblick von Stephan Floß und Antje Hofmann.
2017 beendete die Arbeitsgruppe QuISS (Qualitätsstandards interdisziplinärer, systemperspektiven-orientierter Sozialpädiatrie) mit der Erstellung eines Artikels für die Kipra ihre Arbeit (Kipra 1/2018, 89: 49 – 53). Die Teilnehmer am Treffen des Zentralen Qualitätsarbeitskreises der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin im November 2017 fragten sich, ob das Thema Interdisziplinarität in Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) damit ausreichend betrachtet worden war.
In der Vollversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft der SPZ im September 2017 hatten sich die anwesenden SPZ-Leiter und Leiterinnen unter der Moderation der damaligen Sprecherin der BAG, Dr. Karin Hameister, erstmals mit der Thematik eines Qualitätssiegels für SPZ auseinandergesetzt. So war die Diskussion im darauffolgenden ZQAK-Treffen u. a. folgerichtig auch auf die Interdisziplinarität gerichtet. Die Leiter der Arbeitsgruppen waren sich schnell einig, dass man "Interdisziplinarität im SPZ" zunächst definieren und sich mit den unterschiedlichen Arbeitsformen auseinandersetzen muss. Damit war in der Folge der Arbeitskreis geboren und das interdisziplinäre Team aus Ärztin und Psychologe (Antje Hoffmann und Stephan Floß) übernahm die Leitung.
Zusammensetzung und Arbeitsweise des Arbeitskreises
Unserem Aufruf zur Mitarbeit folgten Mitarbeiter aus allen Berufsgruppen (Ärzte, Psychologen, Ergo-, Physiotherapeuten, Logopäden, Sozialarbeiter/-pädagogen), denn der Arbeitskreis sollte die vielfältigen Sichtweisen auf das interdisziplinäre Arbeiten repräsentieren. Erfreulicherweise sind auch die Regionen (Nord, Süd, Ost, West) gut vertreten, sodass wir die SPZ-Landschaft gut abgebildet sehen. Glücklicherweise haben wir in unseren Reihen Frau Svenja Zimmermann, eine Ergotherapeutin aus dem SPZ Wesel, die ihre Bachelor-Arbeit zum Thema "Interdisziplinarität im Gesundheitswesen" geschrieben hat.
Seit dem 1. Treffen am 09. 03. 2018 haben wir intensiv über eine Definition, aber auch die Themen "Teilzeit und Kommunikation" und "Idealismus versus Kostendruck" diskutiert. Wir sind dabei, ein Arbeitspapier zu erstellen, welches wir in Ausschnitten und im vorläufigen Entwurf hier präsentieren wollen.
Unsere Treffen finden möglichst zweimal jährlich am Rande des "Forum Sozialpädiatrie" bzw. des Kinderärztekongresses statt. Wir konnten in diesem Jahr auch trotz Corona gut per Telefonkonferenz zusammenarbeiten. Sehr effektiv und für alle auch sehr informativ war unser ganztägiges Treffen im November 2019 in Hannover, welches wir gern wiederholen möchten. Alle Teilnehmer gingen mit neuen Impulsen nach Hause.
Erste Begriffsbeschreibung Interdisziplinarität in der Sozialpädiatrie
Interdisziplinarität ist ein zentrales Prinzip sozialpädiatrischer Arbeit. Unter Interdisziplinarität im SPZ wird eine die Einzeldisziplinen übergreifende Arbeitsweise verstanden.
Sozialpädiatrische Tätigkeit umfasst komplexe Fragestellungen, die im Rahmen einer Berufsgruppe und mit deren Methode allein nicht zufriedenstellend zu behandeln sind. Daher sind die enge Kooperation, die Abstimmung in der Methodik und die Integration der jeweils fachlichen Perspektiven in einem Krankheits- und Behandlungsmodell grundlegend für sozialpädiatrisches Handeln.
Unter enger Begleitung des Patienten und seiner Familie wird der gesamte interdisziplinäre Prozess von Diagnostik, Beratung, Behandlung und Teilhabeplanung partizipativ gestaltet. Die Wechselseitigkeit des Dialoges zwischen Patienten, Familie und interdisziplinärem Team ist spezifisch für sozialpädiatrische Arbeit und maßgeblich, um eine auf Teilhabe abzielende Perspektive zu realisieren.
Sozialpädiatrische Umsetzung der interdisziplinären Arbeitsweise
Wesentlich für die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein über die Einzeldisziplinen hinaus gestalteter kommunikativer Teamprozess, der zu einer gemeinsamen Problembeschreibung und einer kontinuierlichen, phasenspezifischen Regulation der Lösungsansätze führt.
Dies erfordert gegenseitigen Respekt (im Sinne einer Selbstanwendung), die Anerkennung der berufsspezifischen Expertisen sowie einen Konsens zur Verwendung der unterschiedlichen Fachtermini.
In den Einzeldisziplinen (medizinische, medizinisch-therapeutische, psychologische, pädagogische und Verwaltungsfachkräfte) manifestieren sich verschiedene Blickwinkel auf die Symptomatik und die Ressourcen des Patienten, die gemeinsam zu einer umfassenden Sichtweise führen. Die Grundlage bildet das biopsychosoziale Modell, wie es für die Sozialpädiatrie in Deutschland im EKPSAT-Schema konsentiert wurde.
Das interdisziplinäre Handeln findet auf internen und externen sozialen Handlungsebenen statt, z. B. in Form von Teamgesprächen, interdisziplinären SPZ-Briefen und Helferkonferenzen mit externen Netzwerkpartnern. Die Kommunikationswege sind sehr vielfältig (face to face, Telekommunikation, digitale Medien, Schriftform) und entwickeln sich ständig weiter.
Unsere weiteren Themen sind:- Abgrenzung zur Multidisziplinarität,
- die Betrachtung der Arbeitsformen im SPZ,
- Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für interdisziplinäres Handeln.
Wir hoffen auf die weitere Unterstützung der SPZ-Leiter der beteiligten SPZ (z. B. Freistellung). Denn nur mit deren Unterstützung kann diese Arbeitsgruppe weiter zielorientiert arbeiten und ein Arbeitspapier für alle SPZ erstellen.
Für Rückmeldungen und Anregungen sind wir dankbar und werden diese in den Arbeitsprozess einfließen lassen.
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (5) Seite 370-372