Sozialpädiater ziehen Bilanz und stellen inhaltliche Weichen für die Zukunft. Die wichtigsten Themen der ersten virtuellen Klausurtagung im Überblick.

Zum ersten Mal, angepasst an die aktuellen Rahmenbedingungen, erfolgte die traditionelle Klausurtagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) nicht in Erfurt oder Würzburg, sondern virtuell per Videokonferenz. Es war schon ein Highlight im Lockdown, die vertrauten Gesichter der beteiligten Mitglieder des Vorstandes, der Arbeitsgruppen und Kommissionen, der assoziierten Arbeitsgruppen live sehen und hören zu können. Beim Treffen des erweiterten Vorstandes kamen dann auch noch die Vertreter der befreundeten pädiatrischen Fachgesellschaften und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege mit hinzu.

Wir möchten Sie an den wichtigsten Themen des sehr informativen, konzentriert und interessant geführten Austausches teilnehmen lassen:

Die Anwesenden hatten sich, auch motiviert durch die aktuellen Erfahrungen und Belastungen, mit einer zeitgemäßen Begriffsbestimmung der DGSPJ und der durch sie repräsentierten Sozialpädiatrie auseinandergesetzt: Die DGSPJ ist eine interdisziplinäre wissenschaftliche Fachgesellschaft, die allen Berufsgruppen offensteht, die sich für die Förderung der Gesundheit und der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Zentral ist der engagierte Einbezug der Familien. Die anstehende Modernisierung und Neuausrichtung des pädiatrischen Dachverbandes (DAKJ) soll in Zukunft eine breitere Mitbeteiligung aller pädiatrischen Fachverbände ermöglichen und wird der Sozialpädiatrie weiter einen wichtigen Raum geben.

Oktober 2021: DGSPJ-Kongress in Berlin

Die DGSPJ wird sich weiter an aktuellen Stellungnahmen sowie Fort- und Weiterbildungen beteiligen. Intensiviert wurden auch wieder die Planungen für den jetzt vom 06. bis 09. Oktober 2021 geplanten Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Berlin mit seinen fachübergreifenden Veranstaltungen und den spezifischen Workshops, die zu einem großen Teil auch durch Referenten der DGSPJ ausgerichtet werden.

Wir blicken, trotz derzeit erschwerter und besonderer Bedingungen, mit Stolz auf die anhaltend beispielhafte Entwicklung "unserer" Zeitschrift "Kinderärztliche Praxis". Unter der Chefredaktion der Professoren Knut Brockmann und Markus Knuf und der langjährigen, außergewöhnlich engagierten und kompetenten journalistischen Begleitung von Raimund Schmid bleibt das fachliche Niveau hoch und der Zuspruch grandios. Dennoch werden immer wieder weitere Verbesserungen, z. B. durch die jetzt vermehrt möglichen Feedback-Rückmeldungen, angestrebt. Mit dem kostenfreien Newsletter erhalten Sie regelmäßig aktuelle Informationen und Tipps (zur Newsletter-Anmeldung).

Eines der besonderen "Flaggschiffe" bleibt die Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialpädiatrischer Zentren (BAG SPZ), auch in der engen Zusammenarbeit mit der BAG der SPZ-Psychologen. Durch die Pandemie-bedingten Einflüsse und zusätzliche Belastungen in den SPZ ergaben sich z. T. erhebliche Einschränkungen bei den Arbeitsabläufen, die sich auch bei den Erlösen widerspiegelten. Ausgleichszahlen der Kostenträger sind überwiegend noch in der Diskussion.

Fachlichkeit der DGSPJ ausbauen

Wir müssen, um auch zukünftig gut aufgestellt zu bleiben, wichtige Diskussionen führen: Wie bleiben wir für nachfolgende Generation interessant, wie motivieren wir unseren Nachwuchs fachlich für unser großartiges Fach und darüber hinaus zur Mitarbeit in unseren Gremien bis hin zu den Sprecherfunktionen. Wir wollen unsere internen Strukturen weiter verbessern und die wesentlichen Bereiche des gesamten Faches im Vorstand ausreichend repräsentieren. Die Fachlichkeit spielt eine zentrale Rolle und das klare Bekenntnis zu mehr Diversität in der Mitgliederschaft und im Vorstand. Es laufen des Weiteren intensive Überlegungen, wie die Rolle der Landesarbeitsgemeinschaften (LAG) weiter gestärkt werden können.

Neben den wichtigen Strukturdiskussionen ist es wesentlich, dass der Qualitätsstandard hoch bleibt, im Bereich der Sozialpädiatrie und gerade auch in den Sozialpädiatrischen Zentren. Dies moderiert und koordiniert der Zentrale Qualitätsarbeitskreis (ZQAK) unter Leitung von Peter Borusiak (Bremen). Es besteht eine enge Vernetzung zur BAG SPZ und zum Vorstand der DGSPJ. Aktuell zeigt sich ein Trend zur Etablierung von längerfristigen, kontinuierlichen Arbeitsgruppen: Interdisziplinarität/Digitalisierung/Migration/Strukturen.

Zukünftig soll eine Zertifizierung nicht nur den SPZ-Leiter, sondern das gesamte SPZ umfassen.

SPZ benötigen verlässliche Rahmenbedingungen

Wir brauchen ein solides verlässliches Fundament für die Arbeit der SPZ: Auch nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, die in ermächtigten Sozialpädiatrischen Zentren erbracht werden, müssen verlässlich bezahlt werden (§43 a, SGB V). Die Zulassung eines SPZ muss auch bezüglich der Dauer verlässliche Rahmenbedingungen ermöglichen.

Wie wichtig der Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes ist, zeigen die aktuellen, pandemiebedingten Herausforderungen. Der von der DGSPJ seit vielen Jahren propagierte Einsatz von Gesundheitsfachkräften in Schule und Kita wäre nie so hilfreich wie heute gewesen. Unser DGSPJ-Vorstandsmitglied Frau Ulrike Horacek wird dies ebenfalls im Corona-Kita-Rat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einbringen.

Die Kollegen und Kolleginnen aus dem Bereich Rehabilitation sind aktuell ebenfalls sehr mit den Auswirkungen der Pandemie beschäftigt.

Aufbruchstimmung bei vielen Fragestellungen

  • Wir sehen inzwischen eine weitreichende positive Unterstützung für die Zusatzweiterbildung "Spezielle Sozialpädiatrie" und sind sehr gespannt, ob vom Ärztetag 2022 in Bremen ein Startsignal dazu ausgeht.
  • Wir sehen es als positives Signal, dass die Sozialpädiatrischen Fachkliniken von der "Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung" ausgenommen wurden.
  • Wir werden uns, hoffentlich in nächster Zukunft, an einem Konzept beteiligen zur Überwindung der Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche und ihren Familien.
  • Die vielfältigen Denkanstöße unterstützen eine Aufbruchstimmung, nach der wir uns gerade alle so sehr sehnen und die für unsere Kinder und ihre Familien so wichtig sind.

… und als Nebenaspekt können wir leider immer wieder feststellen, dass wir von einem "ruckelfreien" digitalen Austausch in Deutschland noch ziemlich entfernt sind.



Autor:
Dr. Andreas Oberle
Vizepräsident der DGSPJ

Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2021; 92 (2) Seite 131