Infizieren sich Menschen mit ADHS sich häufiger mit SARS-CoV-2 und ist der Krankheitsverlauf schwerer? Leiden sie auch stärker unter den psychischen Belastungsfaktoren der Pandemie? Beobachtungsstudien und Online-Befragungen in Israel und England lassen dies vermuten.

Auf dem diesjährigen ADHS-Weltkongress stellte Dr. Eugene Merzon, Leiter des Department of Managed and Digital Care, Leumit Health Services (LHS) Studien des LHS vor. An der Studie nahmen rund 14.000 Personen mit einem durchschnittlichen Alter von 39 Jahren teil. Von Februar bis April 2020 wurde bei den Teilnehmern mindestens ein PCR-Test auf COVID-19 vorgenommen, bei rund 10 Prozent mit positivem Ergebnis. 16 Prozent der positiv und 12 Prozent der negativ Getesteten hatten ADHS. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p < 0,001).

Als Risikofaktoren für ein Infektion mit Covid-19 erwiesen sich besonders ein Alter unter 20 Jahren, ein niedriger sozio-ökonomischer Hintergrund und männliches Geschlecht sowie ADHS. Laut Merzon trifft dies jedoch nur auf unbehandelte ADHS zu. Als Erklärungen für eine erhöhte COVID-19-Prävalenz werden erhöhte Risikobereitschaft, Hypersensitivität, Nichtbefolgen von Regeln und mangelnde Disziplin angenommen.

Die zweite LHS-Registerstudie umfasste die Verlaufsdaten von 1.870 Personen, mit positiver PCR-Testung auf COVID-19 von Februar bis Juni 2020. Das Durchschnittsalter betrug 29 Jahre, 12 Prozent hatten ADHS. Als Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf wurden auch hier ein junges Alter, männliches Geschlecht und Übergewicht bestätigt. Auch ADHS war mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf oder eine Klinikeinweisung assoziiert.

Die Teilnehmer waren getestet worden, weil COVID-verdächtige Symptome auftraten oder sie engen Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten. Menschen mit ADHS sollten daher als besonders vulnerabel für eine COVID-19 Infektion betrachtet werden.

Die internationale Studie COH-FIT (Collaborative Outcomes study on Health and Functioning during Infection Times) mit 127.616 Teilnehmern aus 154 Ländern zeigte, dass psychische Symptome wie Angst, Depressivität, posttraumatische Belastungssymptome, Konzentrationsstörungen und stressbezogene Symptome bei den ADHS-Betroffenen während der Pandemie stärker ausgeprägt waren und häufiger auftraten. Dies berichtete Prof. Dr. Samuele Cortese, Psychologie, an der Uni Southampton, England.


Katharina Maidhof-Schmid | Zeitschrift: InFo Neurologie + Psychiatrie Ausgabe 6/2021