Das Lennox-Gastaut-Syndrom gehört zu den seltenen, schwer behandelbaren epileptischen Enzephalopathien. Besonders beeinträchtigend sind tonische und atonische Sturzanfälle. In einer Studie wurde nun untersucht, ob Fenfluramin hier eine Therapieoption darstellt.

Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) gehört zu den schwer behandelbaren epileptischen Enzephalopathien, ist selten und tritt altersgebunden – typischerweise zwischen 2 und 8 Lebensjahren auf. Das LGS ist charakterisiert durch unterschiedliche zerebrale Anfallsformen, einschließlich tonischer Anfälle und besonderer EEG-Muster (Slow-spike-wave-Varianten, tonische Beta-Muster im Schlaf). Regelhaft treten die Anfälle mehrfach täglich auf. Von besonderer Bedeutung hinsichtlich der Lebensqualität, sozialen Teilhabe und Eigengefährdung sind Sturzanfälle sowie ein non-konvulsiver Status epilepticus.

Traditionell werden antiepileptische Medikamente wie Valproat, Cannabidiol, Clobazam, Topiramat, Rufinamid, Felbamat und Lamotrigin bei Patientinnen und Patienten mit LGS eingesetzt. Dennoch lassen sich mit diesen Medikamenten – sowohl als Mono- wie auch als Polytherapie – häufig keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielen.

In einer internationalen, randomisierten, Placebo-kontrollierten, doppelblinden Phase-3-Studie wurde Fenfluramin als Komedikation zu mindestens einer weiteren Substanz bis maximal 4 weiteren Antiepileptika eingesetzt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren 2 bis 35 Jahre alt (Median 13 Jahre). Die zerebralen Anfälle mussten im Alter von maximal 11 Jahren begonnen haben und verschiedene Anfallsformen annehmen – ­insbesondere Sturzanfälle (mindestens 2 pro Woche). In die Untersuchung wurden 263 Patientinnen und Patienten mit LGS randomisiert eingeschlossen. Diese erhielten entweder 0,2 mg Fenfluramin/kg am Tag oral (niederige Dosis) bis 0,7 mg Fenfluramin/kg am Tag oral (­maximal 36 mg, hohe Dosis) oder Placebo. Es erfolgte eine Aufdosierungsphase über 14 Tage und eine Studienphase über 12 Wochen. Primärer Endpunkt war die Änderung der Anfallsfrequenz pro 28 Tage in % Fenfluramin verglichen mit Placebo.

Unter der höheren Fenfluramindosis reduzierte sich die Anfallsfrequenz um 26,5 % (Median) im Vergleich zum Ausgangswert (Placebo, Median 7,6 %). Der primäre Endpunkt wurde mit einer Wahrscheinlichkeit von p = 0,001 erreicht. Etwa ein Viertel der Patientinnen und Patienten mit der Fenfluramindosis 0,7 mg/kg/Tag wiesen eine mindestens 50 %ige Reduktion der Sturzanfälle auf. In der Placebogruppe waren dies nur 10 %. Bei geringerer Fenfluramindosis (0,2 mg/kg/Tag) verringerte sich die Anfallsfrequenz pro 28 Tage um 14,2 % (p = 0,09). Es traten keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen (UAW) auf. Die wesentlichen UAW waren reduzierter Appetit (22 %), Somnolenz (13 %) und Müdigkeit (13 %).

Die Autoren schließen aus ihren Untersuchungen, dass bei den begrenzten Möglichkeiten zur Behandlung der schwierigen Diagnose LGS mit Fenfluramin ein wirksames, weiteres Medikament zur Verfügung steht, welches mindestens im Einzelfall bei guter Verträglichkeit eine Therapieoption darstellt.

Kommentar:
Es ist zu begrüßen, dass eine randomisierte Studie mit Fenfluramin zur Behandlung der oftmals schwierigen LGS-Verläufe vorliegt. Die Bedeutung im Langzeitverlauf bei einem größeren Kollektiv bleibt abzuwarten.

Literatur
Knupp KG et al. (2022) Efficacy and safety of fenfluramine fort he treatment of seizures associated with Lennox-Gastaut Syndrome. A trandomized clinical trial. JAMA Neurol 79: 554 – 564


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2023; 94 (1) Seite 12