Kann durch eine RSV-Immunisierung in der Schwangerschaft der junge Säugling vor RSV geschützt werden? Dieser Frage ist eine amerikanische Studiengruppe nachgegangen.

Infektionen durch das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) stellen eine bedeutsame Ursache für Morbidität und Mortalität von Säuglingen dar. In Analogie zur Präventionsstrategie bei anderen Infektionskrankheiten, wie Pertussis und Influenza, stellte sich die Frage, ob die Immunisierung von Schwangeren mit einem RSV-Impfstoff zu einem diaplazentaren Übertritt von spezifischen Antikörpern führt, die ihrerseits dann schützend auf den jungen Säugling wirken können.

In einer Phase-2-Untersuchung führte eine amerikanische Studiengruppe eine Studie bei 406 Schwangeren durch, die zwischen der 24. und 26. Schwangerschaftswoche entweder 120 oder 240 µg eines F-Protein-RSV-Impfstoffs erhielten. Es wurden Sicherheitsendpunkte definiert und in einer Interimsanalyse geprüft, ob es zum diaplazentaren Übertritt von RSV-spezifischen Antikörpern neutralisierender Art (A und B) im maternalen Serum bzw. im Nabelschnurblut kommt. Es konnten Daten von 406 Frauen und 403 Kindern erhoben werden. 327 Frauen (80,5 %) erhielten den RSV-Impfstoff. Die unmittelbaren Impfreaktionen nach der Impfung waren leicht bis moderat. Die Studie wurde als Placebo-kontrollierte Studie angelegt. Schwere Reaktionen (worst events) waren in beiden Untersuchungsgruppen gleich verteilt. Das Verhältnis der geometrischen Mittelwerttiter (GMT) im Vergleich zu ­Placebo lag zwischen 9,7 und 11,7 bei jenen mit Bezug auf RSV-A-neutralisierende-Antikörper und zwischen 13,6 und 16,8 mit Blick auf RSV-B-neutralisierende-Antikörper. Die transplazentar gemessenen neutralisierenden Antikörper-Verhältnisse lagen zwischen 1,4 und 2,1 und waren höher in solchen Impfstoff­formulierungen ohne Aluminiumverbindungen als in solchen mit.

Die Autoren schließen aus ihrer Untersuchung, dass prinzipiell über eine maternale Vakzinierung neutralisierende Antikörper gegen RSV induziert werden können, die diaplazentar auf das Kind übertreten. Die Verträglichkeit bei den untersuchten Frauen und Kindern war akzeptabel.

Kommentar:
Die Studie folgt im Prinzip dem Influenza- und Pertussis-Prototyp. Mittels maternaler Immunisierung sollen junge Säuglinge geschützt werden, die ihrerseits ein hohes Risiko für eine Infektionskrankheit besitzen. Dieses ist bei den Infektionen durch RSV zweifelsohne gegeben. Da es sich um eine Phase-2-B-Studie gehandelt hat, bleibt abzuwarten, wie sich das Konzept in größeren Untersuchungen, auch mit Blick auf die Verträglichkeit bewährt. Insgesamt ein hochinteressanter Ansatz, der möglicherweise die Präventionsstrategie gegen RSV revolutionieren könnte.

Literatur
Simões EA et al. (2022) Prefusion F protein-based Respiratory Syncytial Virus immunization in pregnancy. N Engl J Med 386: 1615 – 1626


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2022; 93 (6) Seite 424