Eine große Krankenkasse legt Zahlen zur Pflegebedürftigkeit von Kindern vor. Die Zahlen sind erstaunlich hoch. So sind unter den 0- bis 5-Jährigen 15.000 Kinder pflegebedürftig. Was nun?

Laut dem Barmer-Pflegereport 2017 gab es im Jahr 2015 insgesamt 386.000 Pflegebedürftige unter 60 Jahren. Das entspricht 13,5 % der 2,86 Millionen Pflegebedürftigen.

Erstaunlich dabei ist, wie häufig die Pflegebedürftigkeit bereits in der frühen Kindheit eintritt. So sind unter den 0- bis 5-Jährigen 15.000 Kinder pflegebedürftig. Unter den 5- bis 9-Jährigen sind es noch mehr (37.000) und bei den 10- bis 14-Jährigen insgesamt 41.000. Weitere 35.000 Pflegebedürftige befinden sich in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen. Bis zum Alter von 40 Jahren nimmt dann die Anzahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich ab. Insgesamt waren damit im Jahr 2015 bereits 128.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene pflegebedürftig.

Hervorzuheben ist zudem, dass die jüngeren Betroffenen andere Krankheitsbilder aufweisen: 35 % Lähmungen, 32 % Intelligenzminderungen, 24 % eine Epilepsie und 10 % das Down-Syndrom. „Junge Pflegebedürftige haben zudem ganz andere Bedarfe als ältere. Dem müssen Pflegeeinrichtungen künftig verstärkt Rechnung tragen“, sagte der Autor des Barmer-Pflegereports, Prof. Dr. Heinz Rothgang von der Universität Bremen.

Vor allem bei der Kurzzeitpflege gibt es massive Versorgungslücken. So nutzen derzeit 9 % der jungen Pflegebedürftigen mindestens einmal im Jahr die Kurzzeitpflege. Tatsächlich aber würden gerne 19 % auf dieses Angebot zugreifen. Damit ist der Wunsch nach Kurzzeitpflege um mehr als 100 % höher.

Kommentar:
Das war überfällig, dass eine große Krankenkasse wie die Barmer endlich einmal die Pflegebedürftigkeit von Kindern oder eher noch jüngeren Patienten herausstellt. Denn das Thema Pflege wird ansonsten fast immer mit einem höheren Alter oder Krankheiten wie Demenz assoziiert. Jetzt, wo die erstaunlich hohen Zahlen pflegebedürftiger jüngerer Menschen auf dem Tisch liegen, sollte aber auch gehandelt werden. Vor allem fehlt es an Einrichtungen mit teilstationären Pflegeangeboten und Kurzzeitpflegeplätzen. Der Bedarf hier ist mindestens genauso groß wie der Mehrbedarf nach Wohn- oder Heim­angeboten für alte Menschen. Die neue Bundesregierung wird nun also auch hier endlich Taten folgen lassen müssen.


Autor
Raimund Schmid


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2018; 89 (1) Seite 9