Jedes Jahr werden 150 bis 250 neue seltene Erkrankungen entdeckt. Mehr als 9.000 seltene Krankheiten sind bereits bekannt, die meisten treten schon im Kindesalter auf.

Nach dem 18. Lebensjahr werden nur noch zwölf Prozent der bekannten Erkrankungen diagnostiziert. Auf diese Entwicklung weist die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) jetzt in einer Pressemitteilung hin. In der Europäischen Union gelten Krankheiten als selten, wenn nicht mehr als fünf von 2.000 Menschen betroffen sind. In Deutschland leben derzeit etwa 4 Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung, darunter viele Kinder und Jugendliche. Da seltene Erkrankungen zumeist bereits im Kindesalter auftreten, werden Kinder- und Jugendmediziner zunehmend damit konfrontiert und sind bei der Betreuung und Behandlung der Patienten gefordert. In den letzten Jahren haben sich erfreulicherweise die diagnostischen und zunehmend auch die kausalen Therapiemöglichkeiten entscheidend verbessert. Dieser Prozess sei äußerst dynamisch, betont Professor Helge Hebestreit von der Kommission seltene Erkrankungen der DGKJ in Berlin. Denn die genomische Medizin ermögliche Einblicke in die pathophysiologischen Krankheitszusammenhänge und darauf aufbauende Therapieverfahren böten der Pädiatrie neue Perspektiven. Voraussetzung sei eine schnelle Diagnose. Der Therapieerfolg bei seltenen Erkrankungen hänge „extrem“ von einer schnellen Diagnosestellung ab, sagte Hebestreit. Insbesondere das Neugeborenen-Screening habe sich hier als die weltweit erfolgreichste Maßnahme in der Versorgung erwiesen.

Jährlich kommen zu den über 9.000 bekannten SE bis zu 250 Erkrankungen hinzu. Doch nicht nur im Bereich der Diagnostik, sondern auch bei der Versorgung und der spezifischen Behandlung von Menschen mit seltenen Erkrankungen verbessern sich die Möglichkeiten zunehmend. Beispiele wie Mukoviszidose oder neue Gentherapien sind Lichtblicke für betroffene Kinder und ihre Familien.

In der DGKJ will die 2019 gegründete Kommission seltene Erkrankungen unter Beteiligung weiterer fachlicher Vereinigungen sowie Patientenorganisationen dazu beitragen, die Versorgung betroffener Kinder und Jugendlicher weiter zu verbessern. Auch das noch im Aufbau befindliche Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin soll ab 2025 unter anderem weitere Möglichkeiten der Früherkennung durch Screening-Untersuchungen im Kindesalter erforschen.

Katharina Maidhof-Schmid