Eine Forschungsgruppe hat die Wirksamkeit von Nusinersen untersucht, und zwar bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie, die erstmalig nach 6 Lebensmonaten Symptome aufwiesen.

Nusinersen ist ein Antisens-Oligonukleotid, welches das prä-messenger RNA-splicing des Survival-Motor-­Neuron-2(SMN2)-Gens moduliert. Es wurde zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie entwickelt.

Eine multizentrische Forschungsgruppe unter italienischer Federführung initiierte eine multizentrische, doppelblinde, „Imitat-kontrollierte“ Phase-3-Studie mit Nusinersen bei 126 Kindern mit einer spinalen Muskelatrophie, die erstmalig nach 6 Lebensmonaten Symptome aufwiesen. Die Probanden wurden in einem 2:1-Verhältnis randomisiert und erhielten entweder 12 mg Nusinersen intrathekal (Nusinersen-Gruppe) oder ein „Imitat“ an den Tagen 1, 29, 85 und 274. Der primäre Endpunkt der Untersuchung war eine deutliche Veränderung in Bezug auf die baseline, welche mittels Hammersmith-Functional-Motor-Scale-Expanded-Score (HFMSE) nach 15 Monaten Behandlung dokumentiert wurde. HFMSE-Score-Punkte variieren von 0 bis 66, höhere Punktwerte sprechen für eine bessere motorische Funktion.

In der Nusinersen-Gruppe wurde nach 15 Monaten ein Anstieg von 4 Punkten und in der Kontrollgruppe eine Verminderung von -1,9 Punkten mit einer signifikanten Differenz zwischen beiden Gruppen beobachtet (5,9 Punkte, 95-%-Konfidenzintervall 3,7 – 8,1; p = 0,001). Wegen der Eindeutigkeit der Ergebnisse wurde nach einer Interimsanalyse abgebrochen. In der finalen Analyse wiesen 57 % der Kinder in der Nusinersen-Gruppe im Vergleich zu 26 % aus der Kontrollgruppe eine Verbesserung in Bezug auf die baseline im HFMSE nach 15 Monaten über 3 Punkte auf.

Die Autoren schließen aus ihren Untersuchungen, dass auch bei Patienten mit einer später auftretenden spinalen Muskelatrophie (late onset) Nusinersen eine klinisch bedeutsame Behandlungsoption zur Verbesserung der motorischen Funktion aufweist.

Kommentar:
Die Untersuchungen sind wichtig, demonstrieren sie doch, dass Nusinersen bei einem späteren Auftritt einer spinalen Muskelatrophie eine Behandlungsoption darstellt. Anderseits sind die Ergebnisse nicht so durchschlagend, dass man die mit dem Medikament verbundenen Hoffnungen umfänglich befriedigt sehen kann. Ferner sind der erhebliche Aufwand (intra­thekale Applikation) und die damit verbundenen Komplikationen dem Therapieerfolg gegenüberzustellen.

Literatur
Mercuri E et al. (2018) Nusinersen versus sham control in later-onset spinal muscular atrophy. N Engl J Med 378: 625 – 35


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2019; 90 (3) Seite 155