Immer mehr Kinder und Jugendliche haben einen zu hohen Blutdruck. Sollen Pädiater daher regelmäßig den Blutdruck kontrollieren?

Das zumindest fordert eine europäische Leitlinie, deren Inhalte nun auf einem Symposium der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL in Mannheim vorgestellt worden ist. Hypertonie war bei Kindern früher seltener. Betroffen waren in der Regel Kinder mit angeborenen Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße oder der Nieren.

Seit einigen Jahren steigt aber die Zahl der Kinder, bei denen der Blutdruck ohne zugrundeliegende Erkrankung erhöht ist. Die Ursache ist dann oft ein zu hohes Körpergewicht: „Jedes vierte Kind mit Fettleibigkeit leidet unter Bluthochdruck“, sagt Professor Dr. med. Elke Wühl, Mitglied der Kommission Hypertonie bei Kindern und Jugendlichen der Hochdruckliga. Bei übergewichtigen Kindern liege der Anteil bei etwa sieben Prozent. Aber auch normalgewichtige Kinder können an Bluthochdruck erkranken.

Ab dem 3. Lebensjahr sollte der Blutdruck kontrolliert werden

Die European Society of Hypertension (ESH) hat deshalb im letzten Jahr ihre Leitlinien zur Behandlung von Hochdruckerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen überarbeitet. Bekräftigt wird die Forderung, dass Kinderärzte und Hausärzte den Blutdruck bei allen Kindern und Jugendlichen kontrollieren sollen. „Ab dem 3. Lebensjahr sollte dies bei jeder ärztlichen Vorstellung erfolgen“, so Elke Wühl. Bei jüngeren Kindern sei eine Blutdruckmessung in der Regel nur bei Risikofaktoren, wie zum Beispiel nach Frühgeburt oder bei angeborenen Herzerkrankungen und Nierenerkrankungen notwendig.

Die Diagnose eines Bluthochdrucks bei Kindern und Jugendlichen ist indes nicht so einfach. Der Kinder-und Jugendarzt benötigt spezielle Blutdruckmanschetten, deren Breite und Länge dem Oberarm der Kinder angepasst sein müssen. Der Blutdruck ist bei Kindern und Jugendlichen niedriger als bei Erwachsenen. Professor Wühl erläutert: „Ein Wert von 120 zu 80 mm Hg, der für Erwachsene optimal ist, ist bei einem 12-Jährigen gerade noch normal, bei einem 6-Jährigen zu hoch, bei einem 3-Jährigen ist es eine schwere Hypertonie und bei einem Neugeborenen ein Notfall.“ Die Leitlinie der ESH enthält deshalb Tafeln, die die Blutdruckgrenzen für die verschiedenen Lebensalter anzeigen. Erst ab dem 16. Lebensjahr gelten dann die Empfehlungen für Erwachsene, bei denen die Obergrenze bei 140 zu 90 mm Hg liegt.

Blutdruckveränderungen setzen sich ins Erwachsenenalter fort

„Wenn die Kinder abnehmen und Sport treiben, normalisiert sich in der Regel auch der Blutdruck“, erläutert Wühl weiter. Gelingt dies nicht, sollten die Ärzte sich nicht scheuen, Arzneimittel zu verordnen. Die meisten Hochdruckmedikamente seien gut verträglich und bei Kindern und Jugendlichen ebenso effektiv wie bei Erwachsenen. Dass sich ein Bluthochdruck mit der Zeit auswächst, ist selten. „Blutdruckveränderungen bei Heranwachsenden setzen sich ins Erwachsenenalter fort“, sagt Elke Wühl, zugleich Oberärztin der Sektion Pädiatrische Nephrologie am Zentrum für Kinder und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Experten bezeichnen dies als „Tracking-Phänomen“.

Mehr Informationen unter: www.ncbi.nlm.nih.gov


Quelle: Deutschen Hochdruckliga / Raimund Schmid