Lärmbedingter Hörverlust ist nicht nur ein Problem vieler älterer Menschen. Hörprobleme haben auch bei Kindern schwerwiegende Folgen, da sich bereits ein geringer Hörverlust negativ auf das Sprechenlernen, das Sprachverständnis und die soziale Entwicklung auswirken kann.

Umweltlärm, insbesondere Verkehrslärm, betrifft Menschen aller Altersgruppen. Lärm gilt als Stressfaktor, der den Schlaf stören und die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Lärm kann aber auch direkt das Gehör schädigen. Die Folge sind dauerhafte Ohrgeräusche (Tinnitus) oder eine irreversible Innenohrschwerhörigkeit (sensorineuraler Hörverlust). Durch die Schädigung des Innenohrs können bestimmte Frequenzen nicht mehr an das Gehirn weitergeleitet werden.

Säuglinge und Kleinkinder sind darauf angewiesen, dass Erwachsene sie vor zu hoher Lärmbelastung schützen. Das kindliche Gehör reagiert besonders empfindlich auf Lärm, da sich die Anatomie des Außenohrs eines Kleinkindes von der eines Erwachsenen unterscheidet. Aufgrund der kleineren Gehörgänge werden höhere Frequenzen stärker wahrgenommen. Aus diesen Gründen ist Lärmbelastung und Lärmschutz auch ein pädiatrisches Problem, da das sich entwickelnde Gehör besonders empfindlich ist und Beeinträchtigungen des Gehörs und der Lebensqualität in frühen Entwicklungsstadien das Leben eines Kindes negativ beeinflussen können. Kinderärztinnen und Kinderärzte können potenziell Schäden vorbeugen, indem sie das Bewusstsein für die spezifischen Lärmprobleme von Kindern schärfen und die Eltern für den Schutz der Kinder vor Lärm sensibilisieren. Eltern sollten auf Hintergrundgeräusche wie zu laute Musik oder Fernsehprogramme achten oder lautes elektronisches Spielzeug vermeiden.

Jugendliche erkennen gefährliche Lärmbelastungen oft nicht. Zu laute Musik beim Besuch von Konzerten und Diskotheken schadet dem Gehör genauso wie das ständige Benutzen von Kopfhörern und Earpods mit gefährlichen lauten Schallpegeln. In einer Studie mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen überschritten fast 60 Prozent der Teilnehmenden die tägliche Standard-Lärmdosis, vor allem bei Hintergrundgeräuschen. Denn Hintergrundgeräusche führen oft dazu, dass die Lautstärke noch weiter erhöht wird. Kinder-und Jugendärztinnen und -ärzte sollten das Thema Lärmschutz bei der Beratung jugendlicher Patientinnen und Patienten daher immer ansprechen.

Das Team um Sophie J. Balk vom Children’s Hospital at Montefiore, Albert Einstein College of Medicine in der Bronx, New York bestehend aus Pädiaterinnen und Pädiatern sowie HNO-Ärztinnen und -ärzten, hat sich zusammengeschlossen, um auf die Bedeutung von Lärmbelastung bei Kindern und Jugendlichen hinzuweisen. Das Ziel ist es, ihre Kolleginnen und Kollegen und die Öffentlichkeit über geeignete Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichem Lärm zu informieren.

Katharina Maidhof-Schmid


Balk SJ et al. Preventing Excessive Noise Exposure in Infants, Children, and Adolescents. Pediatrics 2023:e2023063752; https://doi.org/10.1542/peds.2023-063752