“Wir haben das Momentum derzeit politisch auf unserer Seite.“ Den diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Düsseldorf nutzte Prof. Dr. Jörg Dötsch aus Köln, um den aktuellen Stellenwert der Kinder- und Jugendmedizin in der politischen Landschaft zu justieren.

Die Gefühlslage habe sich offenbar gewandelt, bekräftigte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Denn in Reihen der pädiatrischen Verbände und Gesellschaften habe man lange das Gefühl gehabt, es geschehe zu wenig für die Gesundheitsversorgung der Kinder – speziell auch zur Bewältigung der Pandemie. Nachdem aber nun auch Pädiater in den Corona-Rat der Bundesregierung berufen worden sind, wird das Kindeswohl nun stärker berücksichtigt. Die Politik erkenne nun, dass Kinder eine besonders vulnerable Gruppe seien, die besonderes Augenmerk verdiene. Dötsch: „Dieses politische Einwirken hat uns ein ganzes Stück vorangebracht.“

Beim Düsseldorfer Kongress wurden auch aktuelle Zahlen zum COVID-19-Geschehen bei Kindern bekannt. Bis Anfang September sind dem Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI-Register) 6.700 Covid-19-Fälle von Kindern aus 198 Kinderkliniken/Kinderabteilungen gemeldet worden. Dabei mussten 3,2 Prozent der Kinder auf Intensivstationen behandelt werden.

In einer Grußbotschaft zum Kongress attestierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach den Pädiatern im Rahmen der Pandemiebekämpfung „hervorragende Arbeit.“ Unter großem Beifall kündigte er an, dass er sich vehement dafür einsetzen werde, dass im Winter der Präsenzunterricht an Schulen in jedem Fall aufrechterhalten werden soll.

Dötsch seinerseits dankte Lauterbach auch dafür, dass die Regierung keine weiteren Einschnitte im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin mehr plane. Die konservative und operative Pädiatrie sei derart unterfinanziert, dass mit weiteren Einschnitten die Daseinsvorsorge für Kinder akut gefährdet werde.

Schließlich würdigte Dötsch die Umwandlung der bisherigen Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) in das neue Bündnis für Kinder- und Jugendgesundheit, weil darin nun auch die Interessen der Pflege und der Eltern stärker zum Tragen kommen würden. Allerdings mahnte der DGKJ-Präsident alle mit dem Kindeswohl befassten Akteure, künftig geeinter aufzutreten und interne Konflikte nicht bei der Politik auszutragen. Dies sei in der Vergangenheit zu häufig geschehen.


Raimund Schmid