Nach jahrzehntelanger Vernachlässigung durch die Politik zeichnet sich für rund drei Millionen Kinder suchtkranker Eltern ein kleines Licht am Horizont ab.

Denn im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD die Beseitigung von Schnittstellenproblemen vorgenommen. Diese verhinderten bislang oft die Kooperation verschiedener Hilfesysteme wie Suchthilfe, Jugendhilfe und Gesundheitssystem zu Laste der betroffenen Kinder.

Unterschiedliche rechtliche Grundlagen und finanzielle Vorgaben

„Auf solche klaren Positionen mussten alle, die sich in Forschung und Praxis mit der desolaten Situation von benachteiligten Kindern beschäftigen, lange warten“, sagte Prof. Klaus Hurrelmann nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags in Berlin.

Seiner Einschätzung nach können hilfswillige Menschen in Jugendhilfe, Suchthilfe, Gesundheitswesen, Schule und Kita oft auch beim besten Willen für viele betroffene Kinder kein passendes Angebot realisieren, weil unterschiedliche rechtliche Grundlagen und finanzielle Vorgaben dem im Wege stehen. „Wenn es der neuen Koalition gelingt, Alternativen aufzubauen und Vernetzungen der Hilfeeinrichtungen zu ermöglichen, wäre das ein Meilenstein“, so Hurrelmann.

Arbeitsgruppe soll Vorschläge zum Abbau von Hemmnissen ausarbeiten

Um die Hemmnisse für Hilfen abzubauen, soll im Frühjahr eine vom Bundestag eingesetzte Arbeitsgruppe erstmals zusammenkommen. Sie soll der Bundesregierung konkrete Vorschläge machen, wie Hemmnisse für den Aufbau regionaler Hilfenetze auf Länder- und kommunaler Ebene abgebaut und der Aufbau solcher Netze gefördert werden kann.

Die internationale Forschung zeigt, dass Kinder suchtkranker Eltern die größte Risikogruppe zur Entwicklung von Suchtstörungen bei Alkohol, Drogen und Verhaltenssüchten sind. Auch entwickeln sie sich häufiger zu Schul- und Bildungsversagern. In Hinblick auf das Abschneiden Deutschlands bei den PISA-Studien kann die hohe Zahl der Kinder aus Suchtfamilien kaum als zu vernachlässigende Größe betrachtet werden.

Forderung: flächendeckendes, regelfinanziertes Hilfesystem

„Von unschätzbarem Wert“ sind daher nach Einschätzung von Klaus Hurrelmann pädagogische und Betreuungsangebote, die den Kindern außerhalb der Familie gemacht werden. Er ist hoffnungsvoll, dass sich die Versorgung von Kindern aus suchtbelasteten Familien mit solchen Angeboten durch die Aufnahme des Themas in das Regierungsprogramm verbessern wird.

Hurrelmann stellte sich ausdrücklich hinter die von der Interessenvertretung NACOA erhobene Forderung, ein flächendeckendes, regelfinanziertes Hilfesystem für Kinder aus suchtbelasteten Familien zu schaffen. Hiervon ist Deutschland nach Einschätzung von NACOA-Sprecher Henning Mielke jedoch noch weit entfernt.


Quelle: NACOA Deutschland / R. Schmid