Es geschieht mitten unter uns: Jeden Tag werden Kinder geschlagen und gequält. Jeden 3.Tag stirbt ein Kind an den Folgen dieser Misshandlungen.

Im Jahr 2015 wurden 130 Kinder getötet, im vergangenen Jahr waren es 133. In 78 Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch. Ernüchternde Zahlen aus der Kriminalstatistik 2016, die belegen, dass Kindesmisshandlung nach wie vor schrecklicher Alltag in Deutschland ist.

Insbesondere junge Kinder betroffen, zudem hohe Dunkelziffer

Besonders trifft es die Jüngsten: 100 der getöteten Kinder waren zum Zeitpunkt des Todes jünger als 6 Jahre. Die Zahl der körperlichen Kindesmisshandlungen stieg von 3.929 (2015) auf 4.204 Kinder (2016). 1.913 Kinder davon waren unter 6 Jahren. Im Bereich des sexuellen Missbrauchs an Kindern wurden 13.210 Fälle registriert, das sind 254 Fälle pro Woche – 36 betroffene Kinder an jedem Tag. Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein.

„Auf jedes getötete Kind kommt wohl noch eines, bei dem es gar nicht erkannt wurde. Und es gibt Studien, nach denen auf jeden erfassten Fall von Misshandlungen noch bis zu 50 unerkannte Fälle kommen. Andere Studien sprechen von bis zu 400 nicht gemeldeten Misshandlungen pro bekanntem Fall“, so die Rechtsmediziner der Charité Berlin, Prof. Dr. Michael Tsokos u nd Dr. Saskia Etzold.

Gegen das Wegsehen und die Bagatellisierung von Misshandlung

Der Deutsche Kinderverein mit Sitz in Essen kämpft seit 2012 gegen das Wegsehen und die Bagatellisierung von Misshandlung in unserer Gesellschaft an. Insbesondere, wenn es um Fälle des sexuellen Missbrauchs im sozialen Nahbereich des Opfers dreht, geht Rainer Rettinger, Geschäftsführer des Vereins, von einem großen Dunkelfeld aus.

Aus diesem Grund fordert der Deutsche Kinderverein gemeinsam mit namhaften Persönlichkeiten und Botschaftern wie Andreas Bourani, Hannelore Elsner, Prof. Dr. Tsokos, Direktor der Rechtsmedizin der Charité Berlin, die gesetzliche Nominierung der rechtsmedizinischen Schulung von Mitarbeitern des Jugendamtes und Kinderschützern, eine valide Evaluation von Jugendhilfemaßnahmen für Jugendämter und freie Träger, eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Jugendämter und Fallobergrenzen für Mitarbeiter des Jugendamtes.

Außerdem, so der Verein, werde eine bessere Qualifikation von Familienrichtern benötigt. Oft würden Richter zu Familienrichtern berufen, ohne zu Kinderrechten und kindgerechter Anhörung geschult zu sein. Es brauche neue Rahmenbedingungen für die Kinder- und Jugendhilfe. Von der Bedeutung der Kinder- und Jugendärzte ist aber in der Stellungnahme des Deutschen Kindervereins bedauerlicherweise keine Rede. Dabei steht deren Schlüsselrolle gerade bei der Aufdeckung von Misshandlungen außer Frage.


Quelle: Deutscher Kinderverein Essen e. V. / Raimund Schmid