Handyverbot in Schulen? Welche Auswirkungen haben Smartphones auf das Lernen, die Konzentration und die Kinder in der Schule generell? Wann spricht man in Bezug auf Mediennutzung von einer behandlungsbedürftigen Störung – und was dann? Wir haben nachgefragt bei Dr. Frank W. Paulus, Leitender Psychologe am Universitätsklinikum des Saarlandes.

© Laura Schmitt
Dr. Frank W. Paulus

Dr. Frank W. Paulus ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie und Systemische Therapie), Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (VT/ST), Supervisor (VT/ST).

Er ist Leitender Psychologe der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und Leiter der Spezialambulanzen "Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter" (SKVA 0 – 6) und "Digitalisierung und Psychische Störungen" (ADUPS).

Kontakt: UKS – Universitätsklinikum des Saarlandes | CHU – Centre Hospitalier Universitaire de la Sarre | Gebäude 90.2 | 66421 Homburg/Saar | E-Mail: frank.paulus@uks.eu

Derzeit wird in Deutschland viel über das Thema Handyverbot in Schulen diskutiert – in Grundschulen, aber auch in weiterführenden Schulen. Ist das aus Ihrer Sicht wichtig und richtig?

Dr. Frank W. Paulus: Absolut! Hier in Deutschland sind wir ja weit entfernt von einer fachlich fundierten Regelung auf der Basis aktueller Erkenntnisse zur Handynutzung in der Schule, also im Klassenraum und in den schulischen Pausen. Schaut man sich Mediennutzungsdaten an, so zeigt sich, dass Handys in der Schule schon im Grundschulalter eine große Rolle spielen. Eine repräsentative Studie aus 2022 unter 6- bis 13-Jährigen zeigt, dass in dieser Altersgruppe 44 % ein Handy besitzen, davon nehmen 85 % dieses auch mit in die Schule. Und klar: Ist das Handy verfügbar, wird es natürlich auch genutzt.

Die Nutzung von Handys in der Schule führt dazu, dass weniger miteinander gesprochen und weniger aktiv gespielt wird, z. B. in den Pausen. Es ist aber der reale, direkte Austausch untereinander, in dem Kinder das soziale Miteinander lernen, etwa Kooperation, Kompromisse und Konfliktlösung. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit aus 2024 analysierte 23 Studien zu den Auswirkungen von Smartphone-Verboten an Schulen weltweit. Sie und weitere Studien kommen zu dem Schluss, dass die Verbote positive Effekte auf die Lernleistung und das soziale Miteinander und Wohlbefinden haben. Interessant ist, dass die skandinavischen Länder, die einst Vorreiter der Digitalisierung waren, den Einsatz digitaler Medien im Schulkontext wieder deutlich reduzieren.

Ich höre auch immer wieder das Argument, wenn man´s in der Schule verbietet, bringe das ja gar nichts, da die Nutzung in der Freizeit am Nachmittag eh stattfände, oder weil sie dann am Nachmittag sogar viel mehr würde und "nachgeholt" würde. Das ist nicht evidenzbasiert und nicht nachvollziehbar! Mediennutzung funktioniert nicht nach einem Dampfkesselmodell. Sondern: Die tägliche Bildschirmzeit von Schulkindern übersteigt jetzt schon bei Weitem die Empfehlungen pädiatrischer Fachverbände, egal, aus welchem Land die kommen, z. B. aus Deutschland, USA, Kanada. Es ist wichtig, die Nutzungsmöglichkeiten da, wo es geht, möglichst gering zu halten. Zusätzliche und vermeidbare Mediennutzung kann leicht reduziert werden. Schule ist ein sehr guter Ort, um dies umzusetzen, während der Unterrichtszeit und in den Pausen. Dabei geht es, rechtlich gesprochen, um eine angemessene Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme, keine Strafe. Sie verfolgt das Ziel, die Entwicklung junger Menschen zu gewährleisten und Gefahren, die in unserer Disziplin erkannt werden, abzuwenden. Ich finde es wichtig, es so einzuordnen, denn damit ist es eine staatliche Verantwortung, die wahrgenommen wird.

Wie sieht das in europäischen Nachbarländern aus mit Handybegrenzung oder Handyverbot in Schulen?

Dr. Paulus: In vielen europäischen Ländern sind längst Maßnahmen getroffen, um die Smartphone-Nutzung zu begrenzen. Ich wohne ja nur wenige Kilometer entfernt von Frankreich. Dort ist bereits seit 2018 die Nutzung von Smartphones, Mobiltelefonen, Tablets und Smartwatches in Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen für Schüler von 3 bis 15 Jahren komplett verboten. Ausnahmen gelten nur für einen gezielten Einsatz zu Lernzwecken oder bei gesundheitlichen Gründen. Erst in der Sekundarstufe II (ab 16 Jahren) können die Schulen selbst entscheiden, ob sie ein Verbot einführen. Eine Evaluation dieser Maßnahme des französischen Staates in einem Pilotprojekt ergibt eine verbesserte Konzentration im Unterricht, die Reduzierung von Cybermobbing, eine verbesserte soziale Interaktion unter den Schülern und weniger Ablenkung durch Smartphones.

In Italien wurde bereits 2007 ein Verbot von Handys im Unterricht eingeführt und ab letztem Jahr dürfen Smartphones noch nicht einmal mehr für den Unterricht genutzt werden.

Dänemark plant gerade ein landesweites gesetzliches Verbot für private Handys und Tablets in Klassenzimmern und auf dem Schulgelände.

In Finnland dürfen seit August 2025 Smartphones nur noch mit ausdrücklicher Genehmigung durch Lehrkräfte genutzt werden. Lehrkräfte und Schulleitungen erhalten dort das Recht, Geräte einzuziehen, wenn diese den Unterricht stören. Das sind jetzt nur Beispiele, aber es gibt mehr.

Die Situation in Deutschland dagegen ist völlig uneinheitlich, die einzelnen Bundesländer sind in unserem föderalen Staat zuständig für das Schulwesen. Bayern hat als einziges Bundesland ein landesweites Handyverbot, gute Ansätze finden sich auch in Sachsen und Baden-Württemberg. Viele Bundesländer bzw. die Ministerien überlassen die Regelungen den einzelnen Schulen, da wird Verantwortung meines Erachtens falsch verstanden, nicht wahrgenommen, vielleicht sogar abgewälzt – und als Konsequenz gibt’s Uneinheitlichkeit, sogar innerhalb des jeweiligen Bundeslandes. Am Ende hängt es dann davon ab, wo das Kind wohnt und auf welche Schule es geht. Dabei wollen wir gemäß unserem Grundgesetz in Deutschland für alle Kinder gleichwertige Bildungsangebote. Diese Unübersichtlichkeit erinnert etwas an die historische Kleinstaaterei Deutschlands. Nicht einmal in den bundesländerübergreifenden Bildungs- und Kultusministerkonferenz(KMK)-Strategien zur digitalen Bildung finden sich konkrete Empfehlungen zur einheitlichen Regelung der Handynutzung an Schulen. Die Bildungs-/Kultusministerkonferenz hat sich nunmehr im März 2025 erstmals mit dem Thema beschäftigt und es ist zu hoffen, dass sie eine gemeinsame Aussage und Strategie für die Bundesländer formuliert. Sie bemerken es: Deutschland hinkt leider hinter vielen Ländern – wie Frankreich oder Finnland – her.

Welche negativen Auswirkungen haben Handys bzw. Smartphones auf das Lernen, auf die Konzentration und auf die Kinder in der Schule generell?

Dr. Paulus: Smartphones lenken ab und führen zu einer reduzierten Konzentration und Aufmerksamkeit für den Unterricht. Das schadet dem Wissenserwerb. Manche Schüler folgen dem Unterricht nicht, glauben sie könnten was verpassen, wenn sie nicht dauernd nachschauen können auf ihrem Handy, ob neue Nachrichten eingegangen sind. Dafür gibt’s sogar ein Fachwort: FOMO, also Fear of Missing Out.

Es muss an dieser Stelle kritisiert werden, dass Kinder und Erwachsene durch gezielte Manipulation von Tech-Konzernen (wie Meta, TikTok, Google etc.) zum Dauerkonsum verführt werden und in eine "Aufmerksamkeitsfalle" gelockt werden:
Je länger Nutzer bleiben, umso mehr Werbung kann gezeigt werden, umso höher ist der Profit. Daher ist das Handyverbot als Schutzmaßnahme geboten.

Zudem ist die Smartphone-Nutzung in Schulen mit einem erhöhten Risiko von Cybermobbing, also Mobbing mithilfe digitaler Medien (z. B. via WhatsApp-Gruppen), verbunden. Ziel beim Cybermobbing ist es, andere Schüler zu demütigen, einzuschüchtern oder gar zu verletzen. In der Schule als Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen hat Mobbing häufig seinen Anfang (bei uns Erwachsenen ist es eher die Arbeitswelt). Schon 2015 waren 16 % der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler betroffen. Sie können sich mit ihren Handys dann nämlich heimlich gegenseitig filmen oder fotografieren (oder gar den Unterricht und auch Lehrkräfte), diese Bilder und Videos werden dann schnell mal ins Netz gestellt und herumgeschickt, oft vorher verändert, manipuliert.

Cybergrooming stellt eine weitere Gefahr dar. Erwachsene oder ältere Jugendliche stellen mit dem Schutzmechanismus der eigenen Anonymität (also einem fake account mit authentisch aussehendem Profil) und mit gezielten manipulativen Kommunikationsstrategien online Kontakt zu Minderjährigen her. Ziel ist: erotische Nachrichten austauschen, pornografische Inhalte erhalten und letztendlich bei einem Treffen in der realen Welt sexuellen Missbrauch begehen. Wer dahintersteckt (potenziell volljährige Straftäter) ist oft nicht nachvollziehbar. Chat-Gruppen mit problematischen Inhalten (z. B. pornographische oder gewaltvolle Inhalte) verbreiten sich unter Schülerinnen und Schüler sehr schnell.

Wie schätzen Sie generell den Digitalpakt Schule und speziell die Verwendung von Schultablets ein?

Dr. Paulus: Das Ziel der Medienkompetenzförderung durch die allgemeine Einführung digitaler Endgeräte in der Grundschule muss immer einen starken Fokus auf Medienmündigkeit haben. Es ist wichtig, Kinder zu einem sicheren und selbstkompetenten Umgang mit Mediengeräten, dem Internet und medialen Inhalten zu befähigen. In der Schuldidaktik gibt es hier viele positive Ansätze, die jedoch noch keine Allgemeingültigkeit haben. Wir benötigen einen Unterricht in "Medienmündigkeit", da soll es um Fragen gehen wie: "Wie erkenne ich die (auch negativen) Konsequenzen exzessiver Mediennutzung?", "Muss alles gemacht werden, was gemacht werden kann?", "Wie reflektiere und modifiziere ich meine Mediennutzung?", "Welche Inhalte werden vermittelt, wie werde ich manipuliert?"

Fraglich ist zudem, wie sinnvoll der Einsatz von Schultablets überhaupt ist. In der Praxis zeigt sich, dass dieser mit vielen Problemen verbunden ist, viele Lehrkräfte für den Einsatz nicht ausreichend geschult sind und Kinder durch die Nutzung der Geräte stark abgelenkt werden.

In unserer Spezialambulanz für digitalisierungsbedingte Störungen am Universitätsklinikum sehen wir Jugendliche, die mit Schultablets auch in der Schule über Wochen untereinander Spiele spielen oder auch während des Unterrichts Pornos schauen. Zuhause werden die Tablets etwa als Lehrbücher benötigt, aber was die Jugendlichen dann am Nachmittag wirklich mit den Schultablets zuhause machen, ist – sofern nicht technisch begrenzt – oft unklar und nicht zu kontrollieren. Das Lesen von analogen Büchern und handschriftliches Arbeiten stellen wichtige Basiskompetenzen dar, die durch den Einsatz von Schultablets in den Hintergrund geraten könnten. Wichtig ist es, eine Balance zwischen digital gestütztem und analogem Lernen zu finden.

Welche negativen Auswirkungen der Mediennutzung betreffen auch die unterrichtsfreie Zeit?

Dr. Paulus: Zunächst einmal muss man sagen, dass es ganz viele positive Auswirkungen der Nutzung digitaler Bildschirme und Anwendungen gibt. Aber wenn Sie nach dem Negativen fragen: Risiken digitalen Bildschirmkonsums entstehen, wenn die exzessive Nutzung die weitere Entwicklung des Kindes beeinträchtigt, sodass alterstypische Kompetenzen (motorische, sprachliche, sozio-emotionale oder kulturtechnische wie Lesen oder Schreiben) nicht oder verzögert erworben werden können. Aus der übermäßigen Nutzung können auch sekundäre körperliche Probleme entstehen, wie Schlafstörungen und Ernährungs- oder Hygieneprobleme. Im Kontext von Cybermobbing, Cybergrooming oder Internetpornographie können sich psychische Störungen (z. B. PTBS), Kindeswohlgefährdung oder sexueller Missbrauch entwickeln. Wenn eine psychische Störung – insbesondere ADHS, Angst, Depression oder Autismus – schon besteht, kann die übermäßige Computer- und Internetnutzung zu einem dysfunktionalen Lösungsansatz oder zur aufrechterhaltenden Bedingung für ebendiese psychische Störung werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr der Entwicklung eines eigenständigen Störungsbildes, z. B. das der Computerspielabhängigkeit (das sich im ICD-11 findet) oder der Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung.

Betrifft das Thema Mediennutzung erst die Kinder im Schulalter?

Dr. Paulus: Nein, leider nicht. Viele Entscheidungsträger, vor allem die Entwickler von Medienanwendungen, die Industrie vermitteln immer noch: Am allerbesten ist eine möglichst umfassende und frühe Nutzung von Digitalisierung. Gerade die Mediennutzung im Säuglings- und Kleinkindalter kann sich sehr negativ auf die Entwicklung des Kindes und die Eltern-Kind-Interaktion auswirken, dazu haben wir 2021 eine Übersichtsarbeit mit vielen Studien veröffentlicht. Die Weichenstellungen der Mediensozialisation erfolgen nicht im Jugendlichenalter, sondern im Säuglings-, Kleinkind und Vorschulalter.

Wir haben 2024 eine große empirische Studie an über 3.000 Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahre veröffentlicht. Die Hälfte der Kinder in diesem Alter nutzen elektronische Medien für durchschnittlich 40 Minuten am Tag. Im ersten Lebensjahr gab es 18 % Mediennutzer, im zweiten schon 61 %, im dritten 91 % und im vierten 97 %, also nahezu alle. Wir haben auch untersucht, in welchen Kontexten die Eltern den Säuglingen und Kleinkindern elektronische Medien geben. Mal beispielhaft ein paar Daten für das erste Lebensjahr, also von 0 bis 12 Monate: 4,5 % bekommen sie beim Essen, 27 % vor dem Zubettgehen und über 50 %, um die Kinder zu beschäftigen oder zu beruhigen. Das geht an allen pädiatrischen Empfehlungen vorbei und die Folgen werden sich in 10 – 15 Jahren, wenn diese Kinder Jugendliche sind, so richtig zeigen.

Sie leiten eine Spezialambulanz für Digitalisierung und psychische Störungen. Wann spricht man tatsächlich von einer behandlungsbedürftigen Störung bei Kindern und Jugendlichen?

Dr. Paulus: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab und lässt sich nicht allein an einem Zeitkriterium festmachen, auch wenn ich immer danach gefragt werde: "Bis wie viele Minuten ist´s denn normal?"

Eine wichtige Rolle spielt das Alter: Je jünger das Kind, umso kritischer und umso vorsichtiger muss man sein. Nicht zu vernachlässigen sind aber auch qualitative Kriterien, wie z. B. Toleranzentwicklung (es wird zunehmend mehr Zeit mit dem Spielen verbracht), Interessenverlust (an früher geschätzten Aktivitäten/Hobbies, Verlust von Freundschaften), Emotionsregulation (Nutzen von digitalen Spielen, um eine negative Stimmungslage abzuschwächen) oder Täuschen (von Familienangehörigen über z. B. Nutzungszeiten). Übrigens: Wer die ganze Nacht durch Computerspiele spielt, möchte am nächsten Morgen auch nicht in die Schule.

Und was kann man als Kinderärztin oder Kinderarzt dagegen tun? Wie lässt sich die Störung behandeln?

Dr. Paulus: Die Berufsgruppe der Kinderärztinnen und Kinderärzte ist von zentraler Bedeutung für die Früherkennung und Prävention von Computerspiel- und Internetabhängigkeit und deren Vorstufen im Rahmen der Regelversorgung und der U- und J-Untersuchungen. Das betrifft ganz stark auch das Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter. Das Gespräch mit Eltern, ihnen Hinweise zu geben, ist eine erste nicht zu unterschätzende Maßnahme. Dafür ist Zeit notwendig, die bei der Pädiaterin bzw. beim Pädiater auch abrechenbar sein müsste. Sind solche präventiven Maßnahmen nicht ausreichend, ist es notwendig, gezielte und intensivere Interventionen einzusetzen.

Das geschieht z. B. in unserer Spezialambulanz ADUPS (Ambulanz Digitalisierung und Psychische Störungen) am Universitätsklinikum des Saarlandes. Wichtig ist, in einen guten Kontakt mit dem Kind zu kommen mit dem Ziel, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen und das Kind für Veränderungen zu motivieren. Kinder kommen selten von sich aus mit dem Wunsch, ihr digitales Verhalten ändern zu wollen, auch wenn´s schädlich ist. Vor- und Nachteile der Mediennutzung, des Aufgebens dieser, und alternativer Aktivitäten (z. B. Beitritt in einen Verein) sollten besprochen werden. Darüber hinaus ist es wichtig, gemeinsam eine Alltagsstruktur zu erarbeiten, Mediennutzungsregeln für die gesamte Familie zu vereinbaren sowie Emotionsregulations-Strategien zu erlernen. Mögliche Fragen an das Kind könnten sein: "Wie nimmst du deine aktuelle Handynutzung wahr?", "Sind dir Dinge aufgefallen, auf die deine Handynutzung Auswirkungen hat?", "Kannst du dir positive Konsequenzen vorstellen, wenn du deine Handynutzung verringern würdest?" Wenn das Kind z. B. darauf verweist, dass es Medien aus Langeweile nutzt, sollte dieser Grund nicht einfach abgetan, sondern weiter eruiert werden ("Dein Spielen hat also irgendwie was mit Deinen Gefühlen zu tun?"). Die Haltung gegenüber dem Kind sollte ausbalanciert und wertschätzend sein.

Ein Fazit als Schlusswort?

Dr. Paulus: Ich appelliere, das Wohlergehen der Kinder im heutigen Bildungsprozess angesichts der digitalen Revolution im Blick zu behalten. Bildung ist ein vielschichtiger und komplexer Begriff. Er mag völlig verschieden definiert werden, von Schulpolitikern und Schulpädagogen, von Medienunternehmern der Tech-Branche und deren Kritikern, und nicht zuletzt von Eltern. Die Bildungsgestaltung ist folglich unterschiedlich.

Bildung ist für mich ein aktiver, lebenslanger Selbstbildungsprozess, der insbesondere bei jungen Kindern behutsam begleitet werden muss. Hierzu ist die menschliche Beziehung unabdingbar und darf nicht durch Technik gestört oder gar ersetzt werden. In welchem Rahmen ein Verbot oder Einsatz digitaler Medien zur Unterstützung von Bildungsprozessen sinnvoll ist, bedarf einer kritischen Betrachtung, die ich verstärkt von Bildungsverantwortlichen wünsche und fordere.

Die Fragen hat Angelika Leidner gestellt.


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Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (5) Seite 315-323