Lieber schnell oder langsam steigern? Wie eine Studie zeigen konnte, ist für die Gesundheit des Frühgeborenen ein schneller enteraler Kostaufbau einem langsamen nicht unterlegen. Das ist sehr zu begrüßen, da die parenerale Ernährung einige Komplikationen aufweist.

Beobachtungsstudien und "Erfahrungen" sprachen dafür, dass eine langsame Steigerung der enteralen Ernährung mit Muttermilch oder einer Formulanahrung mit einem reduzierten Risiko für eine nekrotisierende Enterocolitis (NEC), aber einem erhöhten Risiko für eine Late-onset-Sepsis assoziiert ist. Randomisierte Daten zur Steigerungsrate bei Frühgeborenen liegen praktisch nicht vor.

Eine englische Arbeitsgruppe hat 2 verschiedene Ernährungsprotokolle bei Frühgeborenen hinsichtlich des Einflusses auf klinische Verläufe untersucht. Es wurden insgesamt 2.804 Frühgeborene eingeschlossen und randomisiert. Die Frühgeborenen wurden entweder mit einer täglichen Steigerung von Muttermilch oder Formulanahrung um 30 ml/kg Körpergewicht (KG)/Tag ("schnelle Steigerung") oder 18 ml/kgKG/Tag ("langsame Steigerung") Muttermilch versorgt.

Das primäre Studienziel war "Überleben ohne moderate oder schwere Störungen der neurologischen Entwicklung zum Zeitpunkt von 24 Monaten". Sekundäre Studienziele waren die Analyse von Late-onset-Septitiden, NEC und Zerebralparesen. 1.224 Frühgeborene wurden dem "schnellen Ernährungsarm" und 1.246 dem "langsamen Ernährungsarm" zugeordnet.

Von den 1.224 Frühgeborenen mit einem schnellen enteralen Kostaufbau wurden 802 ohne moderate oder schwere neurologische Probleme nach 24 Monaten untersucht (65,5 %). Bei den Kindern, die mit 18 mg/kg/KG pro Tag aufgebaut worden sind, waren dies 848 von 1.246 (68,1 %).

Eine Late-onset-Sepsis trat bei den schnell enteral gefütterten Patienten bei 414 Frühgeborenen von 1.389 (29,8 %) auf; wurden diese langsamer aufgebaut, so waren es 434 von 1.397 (31,1 %). Die NEC-Rate bei der "schnellen Gruppe" war 5 %, im Vergleich zu 5,6 % bei den langsamer aufgebauten Kindern. Die Tabelle fasst die wesentlichen Outcome-Daten zusammen.

Die Autoren fordern aus ihrer randomisierten Untersuchung, dass kein signifikanter Unterschied in Bezug auf neurologische Entwicklung NEC und Sepsis zwischen den beiden Studienarmen bestand. Ein schneller Kostaufbau ist also gegenüber einem langsamen Kostaufbau nicht unterlegen.

Kommentar:
Die Studie ist wichtig, weil die parenterale Ernährung eine Reihe von Komplikationen (Katheter-Infektionen, Paravasate, negative Einflüsse auf Leber und Darm u. a.) aufweist. Insofern ist es sehr zu begrüßen, dass ein schneller enteraler Kostaufbau einem langsamen enteralen Kostaufbau nicht unterlegen ist.

Literatur
Dorling J, Abbott J, Berrington J, Bosiak B, Bowler U et al.(2019) Controlled trial of two incremental milk-feeding rates in preterm infants. N Engl J Med 381: 1434 – 1443


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (1) Seite 13