Muttermilch enthält fast alles, was das Kind zum optimalen Gedeihen benötigt. Die Kinder profitieren aber laut jüngster Studiendaten nicht nur körperlich vom Stillen, sondern auch in ihrer psychischen und kognitiven Entwicklung.
Eine aktuelle israelische Kohortenstudie zeigt einen Zusammenhang zwischen ausgedehnter Stillzeit und einer geringeren Wahrscheinlichkeit für spätere Entwicklungsverzögerungen sowie sprachliche oder soziale Störungen bei Kindern. Die Ergebnisse der Studie könnten einen Beitrag zur Förderung der frühen kindlichen Entwicklung leisten.
Dr. Inbal Goldshtein vom KI Research Institute in Kfar Malal hat gemeinsam mit ihrem Team die Auswirkungen einer längeren Stillzeit bzw. des ausschließlichen Stillens auf die Entwicklung der Kinder untersucht. Für die retrospektive Kohortenstudie wurden die Daten aus einem nationalen Netzwerk für die routinemäßige Überwachung der Kinderentwicklung in Israel genutzt, die mit nationalen Sozialversicherungsfinanzansprüchen für neuronale Entwicklungsmängel verbunden ist. Die an der Studie teilnehmenden Kinder wurden zwischen Januar 2014 und Dezember 2020 nach mindestens 35 Wochen Schwangerschaft ohne schwere Morbidität geboren und nahmen mit mindestens einem Folgeüberwachungsbesuch im Alter von zwei bis drei Jahren teil. Die Erhebung der Ergebnisdaten erfolgte im März 2023.
In die Studie wurden 570.532 Kindern aufgenommen (51,2 % männlich, 3,6 % Frühgeburten, 6,7 % waren klein für das Gestationsalter). Es wurden 52 % der Kinder mindestens sechs Monate lang gestillt , knapp 42 % der Kinder wurden ausschließlich gestillt. Kinder, die mindestens sechs Monate lang gestillt wurden, wiesen im Vergleich zu Kindern, die weniger als sechs Monate lang gestillt wurden, weniger Verzögerungen beim Erreichen von sprachlichen und sozialen oder motorischen Entwicklungsmeilensteinen auf. Von den untersuchten Kindern erreichten 6,5 % Entwicklungsmeilensteine verzögert, 2,5 % hatten eine neurologische Entwicklungsstörung. Bei den untersuchten 37.704 Geschwisterpaaren zeigten die Kinder, die mindestens sechs Monate lang gestillt wurden, weniger Verzögerungen bei der Erreichung von Meilensteinen oder neurologische Entwicklungsstörungen als ihre Geschwister, die weniger als sechs Monate gestillt oder nicht gestillt wurden.
Obwohl die Vorteile des Stillens weithin bekannt sind und das Stillen nachdrücklich befürwortet wird, besteht jedoch weiterhin eine Diskrepanz zwischen den Empfehlungen und den tatsächlichen Praktiken. Stillen ist ein von Mutter und Kind gemeinsam erlerntes Verhalten, das am besten gedeiht, wenn es angemessene Förderung, Schutz und Unterstützung erfährt. Viele Mütter, die stillen möchten, geben ihre Pläne auf, da es schwierig ist, das Stillen mit den Anforderungen des Alltags oder des Jobs in Einklang zu bringen. Darüber hinaus investiert die Säuglingsnahrungsindustrie jährlich 55 Milliarden Dollar in die Förderung ihrer Produkte und lässt viele Frauen an ihrer Fähigkeit, erfolgreich zu stillen, zweifeln. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, sich für eine Elternurlaubs- und Beschäftigungspolitik einzusetzen, die das Stillen unterstützt und unangemessene Marketingtaktiken für Säuglinge eindämmt.
Katharina Maidhof-Schmid