Aktuelle Studiendaten zeigen, dass sich durch konsequentes Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sowie anderer AHA-Maßnahmen nicht nur die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus eindämmen lässt, sondern auch durch Tröpfcheninfektion übertragene bakterielle Infektionen zurückgedrängt werden können.

Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Neisseria meningitidis sind bakterielle Erreger, die per Tröpfcheninfektion übertragen werden. Die bekapselten Bakterien verursachen invasive Infektionskrankheiten, Bakteriämien, bakteriämische Pneumonien, Meningitiden sowie sekundäre Infektionen nach Viruserkrankungen.

Eine Arbeitsgruppe aus Belgien analysierte die Inzidenz invasiver Erkrankungen durch die oben genannten Erreger während der ersten Monate der SARS-CoV-2-Pandemie. Sie untersuchte vom 1. Januar 2018 bis 31. Mai 2020 in einer prospektiven Studie „Surveillance-Daten“ von Laboren aus 26 Ländern.

Die Labore gehören der Initiative „Invasive Respiratory Infection Surveillance Initiative (IRIS)“ an. Die wöchentlichen Fälle in 2020 wurden mit den korrespondieren Fällen in 2018 und 2019 verglichen. 27 Labore aus 26 Ländern übermittelten Daten zu invasiven Streptococcus pneumoniae-Infektionen (n = 62.434) an die IRIS-Initiative, 24 Einrichtungen aus 24 Ländern übermittelten Daten zu invasiven Haemophilus influenzae-Infektionen (n = 7.796) sowie 21 Laboren aus 21 Ländern ergänzten den Datensatz um 5.877 Fälle von invasiven Neisseria-meningitidis-Infek­tionen.

In allen Ländern war eine signifikante Reduktion von invasiven Erkrankungen durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Neisseria meningitidis zu Beginn von 2020 zu beobachten. Im Gegensatz hierzu ließen sich keine Veränderungen hinsichtlich der Inzidenz bei Streptococcus-agalactiae-­Infektionen (Gruppe-B-Streptokokken, Amnion-Infektion) beobachten. Die Inzidenz der beobachteten Streptococcus pneumoniae-assoziierten Infektionen reduzierte sich um 68 % nach 4 Wochen sowie um 82 % nach 8 Wochen zu Beginn des Jahres 2020.

Die Autoren schließen aus ihrer Untersuchung, dass die Einführung von Informationskampagnen sowie AHA-Maßnahmen auch die Übertragung anderer respiratorischer Erreger wie Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Neisseria meningitidis signifikant reduzieren.

Kommentar:
Die Daten belegen klar, dass sich durch konsequentes Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sowie anderer AHA-Maßnahmen nicht nur die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus eindämmen lässt, sondern auch durch Tröpfcheninfektion übertragene bakterielle Infektionen zurückgedrängt werden können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass „automatisch“ auf die Impfprävention gegen diese Erreger verzichtet werden kann.

Literatur
Brueggemann AB et al. (2021) Changes in the incidence of invasive diseases due to Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, and Neisseria meningitidis during the COVID-19 pandemic in 26 countries and territories in the Invasive Respiratory Infection Surveillance Initiative: a prospective analysis of surveillance data. Lancet Digit Health 3: e360 – 370


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2022; 93 (1) Seite 12