Bei einigen chronisch-entzündlichen Erkrankungen spielen Zytokine in der Pathogenese eine große Rolle. So ist es naheliegend, dass die Blockade von Zytokinen eine echte Behandlungsoption darstellt. Wie steht es um die Wirksamkeit und Sicherheit solcher Therapien bei Kindern?

Zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen bei Kindern zählen Asthma bronchiale (Prävalenz ca. 4 %), Psoriasis (ca. 0,7 %) und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (0,1 %) sowie juvenile idiopathische Arthritis (ca. 0,1 %). Zytokine spielen bei der Pathogenese der genannten Erkrankungen eine große Rolle. So ist es naheliegend, dass die Blockade von Zytokinen eine echte Behandlungsoption darstellt. Hierzu werden therapeutische, monoklonale Antikörper (MAK) und Fusionsproteine (FP) eingesetzt. Erfahrungen mit diesen Therapien werden überwiegend aus der Erwachsenenmedizin übernommen. In einer lesenswerten Arbeit wurde systemisch nach hochwertigen, randomisiert-kontrollierten Studien mit primären klinischen Endpunkten und Leitlinien zu im Kindesalter zugelassenen MAK und FP gesucht. Die verwendeten Datenbanken waren PubMed und AWMF. Es wurden aus 620 Studien 25 hochwertige Untersuchungen identifiziert. 20 der 25 Studien waren von Herstellern gesponsert.

9 Untersuchungen wurden zu MAK/FP (Omalizumab, Adalimumab, Etanercept, Ustekinumab, Infliximab, Golimumab, Anakinra, Canakinumab, Tocilizumab, Abtacept) und jeweils 3 Leitlinien der Stufe S3 bzw. eine S2-K-Leitlinie zu Asthma bronchiale, Psoriasis, juveniler idiopathischer Arthritis und chronisch- entzündlicher Darmerkrankung selektioniert. MAK und FP sind bei keiner dieser Erkrankungen Mittel der ersten Wahl.

Unerwünschte Wirkungen sind selten, aber zum Teil schwerwiegend (Infektionen, Immundysregulation, Tumorentstehung).
Die Autoren schlussfolgern aus ihrer Analyse, dass viele Studien Mängel aufweisen, die eine exakte Beurteilung der Wirksamkeit, Sicherheit und des Stellenwertes von MAK und FP bei Kindern und Jugendlichen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen nicht sicher feststellen lassen. Dennoch und insbesondere in verzweifelten klinischen Situationen stellen MAK und FP eine ergänzende Therapiemöglichkeit dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn konventionelle, immunmodulatorische Medikamente nicht wirken. Es gibt einen großen Bedarf an Untersucher-initiierten, hochwertigen Studien und einer Hersteller-unabhängigen systemischen Langzeiterfassung von unerwünschten Wirkungen.

Kommentar:
Die Arbeit ist verdienstvoll, weil sie dem zunehmenden Einsatz von Biologika bei Kindern und Jugendlichen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen gerecht wird. Einmal mehr zeigt sich, dass insbesondere bei Kindern und Jugendlichen wenig qualitativ hochwertige Studien durchgeführt werden und der Einsatz aus der Erwachsenenmedizin „extrapoliert“ wird. Es liegt in der Natur der Dinge, dass die Studien initial von Herstellern durchgeführt werden. Dieses ist nicht zu kritisieren, insbesondere dann nicht, wenn Hersteller-unabhängige Studien nicht finanziert werden oder gar auf die Pflicht der Hersteller zur Studiendurchführung verwiesen wird. Hier liegt eine gewisse Inkonsequenz vor.

Literatur
Niehues T et al. (2019) Wirksamkeit und evidenzbasierter Einsatz von Biologika bei Kindern und Jugendlichen. Dtsch Arztbl Int 116: 703 – 10


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (4) Seite 230