Franz-Josef Kretz, Karin Becke-Jakob, Christoph Eberius (Hrsg.) 4. Auflage 2019. 572 Seiten, 309 Abbildungen. Thieme Verlag, ISBN 978-3-13242-621-4; 199,99 Euro

Herr Prof. Franz-Josef Kretz, langjähriger Chefarzt der Kinderanästhesie im Stuttgarter Olga-Hospital ("Olgäle"), hat über Jahrzehnte die deutsche Kinderanästhesie entscheidend mitgeprägt. Rechtzeitig zu seiner Pensionierung wurde die nunmehr 4. Auflage des etablierten Lehrbuchs "Anästhesie bei Kindern" fertig und von ihm gemeinsam mit Frau Dr. Karin Becke-Jakob (Nürnberg) und Herrn Dr. Christoph Eberius (Stuttgart) herausgegeben. Dieses Werk beeindruckt durch seinen großen Umfang, seine aufwendige Gestaltung und nicht zuletzt durch seine zahlreichen, renommierten Co-Autoren aus der Kinderanästhesie und ihrer unmittelbaren Kooperationspartner, der Kinderchirurgie und der Pädiatrie mit ihren Subdisziplinen.

Dieses umfangreichste, deutschsprachige Lehrbuch der Kinderanästhesie ist gewohnt gut strukturiert und inhaltlich umfassend: Physiologische und pharmakologische Grundlagen und Besonderheiten, Monitoring und Geräte, Praxis und Komplikationen der Kinderanästhesie (einschließlich bei Kindern mit chronischen Erkrankungen) sowie Anästhesie bei typischen Eingriffen im Kindesalter, abgerundet durch Kapitel zur perioperativen Intensivmedizin und kardiopulmonalen Reanimation sowie zu den medikolegalen Aspekten der Kinderanästhesie. Es lässt somit kaum Wünsche offen.

Besonders gut gefallen die wiederkehrenden, themenbezogenen Abschnitte "So machen wir´s", "Merke" und "Kleines Repetitorium Paediatricum". Aus der Praxis, für die Praxis – das freut den Leser und hilft ihm im klinischen Alltag. So bietet "Anästhesie bei Kindern" dem weniger Routinierten vor allem fundierte Information und hilfreiche Führung, während der kinderanästhesiologische Experte darüber hinaus Orientierung und Anregung findet – auch zur konstruktiven Diskussion. Die im Vorwort der 1. Auflage von 1997 geäußerte Aufforderung zur Kritik und die Bereitschaft, diese anzunehmen, zeugen von großer Erfahrung und fachlicher Größe der Herausgeber und Autoren.

Jeder Koch (Kinderanästhesist) kann jedes Kochrezept ("So machen wir´s") kritisieren. Da auch in der Kinderanästhesie bekanntermaßen viele Wege nach Rom führen, wäre das eher müßig. Zwei kleinere, jedoch relevante Kritikpunkte hingegen, beziehen sich zum einen auf das etwas sparsam mit sonografischen Bildern ausgestattete Kapitel "Regionalanästhesie" und zum anderen auf das letztlich fehlende, dezidierte Kapitel zu den Techniken und den klinisch relevanten Aspekten der unterschiedlichen Gefäßzugänge bei Kindern (periphervenös, zentralvenös, arteriell, intraossär).

Zusammenfassend ist den Herausgebern und Autoren zu ihrem gelungenen Werk zu gratulieren. Ein gutes klinisches Lehrbuch zeichnet sich nicht zuletzt durch seine Praxistauglichkeit aus. Und in diesem Sinne taugt auch die 4. Auflage von "Anästhesie bei Kindern": Man muss nicht alles so machen, wie´s dort steht; man kann es jedoch. Und es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit funktionieren.


Prof. Dr. med. Christoph B. Eich, Hannover


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2020; 91 (4) Seite 305