Gibt es einen Zusammenhang zwischen mütterlichem Übergewicht während der Schwangerschaft und der Entwicklung einer Zerebralparase? Eine schwedische Forschergruppe ist dieser Frage nachgegangen.

Mütterliches Übergewicht gilt als wichtiger Risikofaktor für Frühgeburtlichkeit, perinatale Asphyxie und kindliche Fehlbildungen. In der Vergangenheit wurde ein Zusammenhang zwischen mütterlichem Übergewicht während der Schwangerschaft und Entwicklung einer infantilen Zerebralparese (CP) beim Kind vermutet.

Eine schwedische Untersuchung hat mittels einer Kohortenstudie etwa 1,4 Millionen Kinder analysiert. Interessanterweise wurde die infantile CP am häufigsten bei termingerecht entbundenen Kindern beschrieben. 2 bis 3 von 1.000 reifgeborenen Kindern wiesen eine CP auf. Die Autoren der Untersuchung gehen davon aus, dass multiple Faktoren wie perinatale Störungen des Gasaustausches mit Hypoxie und Azidose sowie Geburtsverletzungen für die Entwicklung der CP bei Termingeborenen eine Rolle spielen. Mütterliches Übergewicht ist somit indirekt an diesen Risikofaktoren beteiligt, weisen doch Schwangere mit Adipositas ein hohes Risiko für Notfallsektiones, hypoxische-ischämische Enzephalopathien, Krampfanfälle und niedrige Apgar-Werte auf. Ferner besteht ein Risiko für die fetale Hyperinsulinämie auch ohne mütterlichen Diabetes mellitus.

Neuere Genexpressionsstudien legen den Einfluss einer Dysregulation von Genen auf die Gehirnentwicklung nahe, die inflammatorische und immunologische Signalkaskaden regulieren sowie Einfluss auf den Glukose- und Lipidstoffwechsel haben. In Schweden wurden aus 1,4 Millionen Einlingen 3.029 Kinder mit einer CP identifiziert. Dies entspricht einer Inzidenz von 2,63 je 10.000 Kinderjahren. 61,8 % der Mütter waren normalgewichtig, jede 4. übergewichtig (24,8 %). 7,8 % der Schwangeren wiesen ein Übergewicht Grad 1 auf, 2,4 % Grad 2 und 0,8 % einen BMI von ≥ 40 kg/m².

Die Autoren der Studien konnten eine signifikante Assoziation zwischen mütterlicher Adipositas und der Rate von CP herausarbeiten. Es ergab sich eine adjustierte Hazard Ration (aHR) von 1,22 (95-%-Konfidenzintervall 1,11 – 1,33). Am häufigsten war die aHR bei Adipositas Grad 3: 2,02. Der beschriebene Zusammenhang ließ sich am häufigsten bei dyskinetischen Zerebralparesen (Asphyxie- bzw. Hypoxiefolge) und bei Vorliegen von niedrigen Apgar-Werten beobachten.

Kommentar:
Die Untersuchung belegt eine schon langjährig gehegte Vermutung: Übergewicht während der Schwangerschaft ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Zerebralparesen. Ursächlich liegen in diesem Zusammenhang Komplikationen der Übergewichtigkeit zugrunde, vor allem geburtshilfliche Komplikationen, die mit einem Sauerstoffmangel für das Kind einhergehen.

Literatur
Villamor E (2017) Association between maternal body mass index in early pregnancy and incidence of cerebral palsy. JAMA 317: 925 – 936


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (6) Seite 366