Bisherige Studien legen nahe, dass Versicherte der privaten Krankenversicherung (PKV) gesünder sind als Angehörige der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Es besteht eine Diskussion, ob es sich hierbei lediglich um einen Selektionseffekt handelt, wonach gesündere Menschen mit höherem Einkommen auch häufiger Mtiglieder der PKV sind, oder um einen Verursachungseffekt, wonach die PKV im Vergleich zur GKV die Gesundheit ihrer Mitglieder besser unterstützt oder verbessert.

Stauder et al. Max-Weber-Institut für Soziologie, Heidelberg, haben mit Methoden der Panel-Regression und dem sozioökonomischen Panel gezeigt, dass nach einem Wechsel in die PKV die individuelle Gesundheit im Vergleich zu GKV-Versicherten besser erhalten bleibt. Der Effekt besteht in Abhängigkeit vom Eintrittsalter umso stärker, je länger man Mitglied in der PKV ist. Die Autoren deuten den Befund als Verursachungseffekt. Die Tabelle gibt Einzelheiten zur analysierten Stichprobe wieder.

In der Studie kam die "physical component summary scale" (pcs) des soziökologischen Panels (SOEP) zum einsatz welches seit 2002 alle Jahre Bestandteil des SOEPs ist. Die 12 Parameter des PCS beruhen zwar auf Selbstberichten der PRobanden und sind damit nach Angaben der Autoren durch subjektive Einschätzungen überformt. Es werden dennoch konkrete Dimensionen der Gesundheit, wie physische Leistungsfähigkeit, physische Schmerzen, die Beeinträchtigung bei der Erfüllung sozialer Rollen im Alltag. Vitälität und gesundheitsbedingte Einschränkungen sozialer Kontakte analysiert. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, in Übereinstimmung mit vorliegenden Querschnittsbefunden, dass privat Versicherte um mehr als 5 Skalenpunkte gesünder sind als gesetzlich Versicherte. Werden Selektionseffekte ausgeschaltet, als der reine Übertritt von der GKV ind die PKV analysiert, so führt dies zu eienr Verbesserung der Gesundheit um 0,9 Skalenpunkte in den nachfolgenden Lebensjahren.

Die Autoren weisen darauf hin, dass auch hier eine Selektion von kurzfristig Gesunden in die PKV denkbar ist. Ein Großteil des gesamten deutlichen Gesundheitsvorteils kommt also dadurch zustande, dass eine Selektionder relativ Gesunden in die PKV stattfindet. Interessanterweise profitieren privat Versicherte umso mehr gesundheitlich, je länger sie Mitglied in der PKV sind. diese Zeitabhängigkeit ist besonders ausgeprägt, wenn die Individuen bereits in relativ jungen Jahren PKV-Mitglied werden. Die Wissenschaftler sehen hier einen gewissen Verursachungseffekt.

Kommentar: Die Arbeit von Stauder et al. fasst eine viel diskutierte Fragestellung auf: Warum sind privat Versicherte gesünder als gesetzlich Versicherte? Letztlich gibt es Hinweise für ein gewisses Verursachungsprinzip zuungunsten der GKV. Kritisch anzumerken bleibt, inwieweit Bildungseffekte oder sozioökonomischer Status von privat Versicherten adäquat in dem Modell abgebildet sind.

Literatur
Stauder J et al. (2016) Selektion oder bessere Leistungen – Warum sind Privatversicherte gesünder als gesetzlich Versicherte? Gesundheitswesen


Autor
Univ.-Prof. Dr. med. Markus Knuf


Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2017; 88 (1) Seite 12