Trotz verbesserter Impfstoffoptionen stagniert die Impfquote im Kindesalter seit Jahren bei etwa 74 %. Wie ist die aktuelle epidemiologische Lage, und welche Impfstoffe stehen zur Verfügung?
Invasive Pneumokokken-Infektionen (IPD) verursachen in Deutschland weiterhin erhebliche Krankheitslast – besonders bei Kindern < 5 Jahren [1]. Die höchste Inzidenz liegt bei Kindern ≤ 1 Jahr (13,4/100.000; 2022) [2]. 2024 kam es zu einem 1,5-fachen Anstieg der IPD-Fälle (8.458 vs. 5.856 in 2023) – deutlich über dem präpandemischen Niveau (2013 – 2019) [3].
2022 dominierten europaweit bei Kindern (0 – 15 Jahre) die Serotypen 3, 8, 10A, 19A, 22F, 23B und 24F [2]; 39 % der IPD-Fälle bei < 5-Jährigen entfielen auf Serotyp 3 und 19A (2018: 17 %) [2]. Obwohl Serotyp 3 vom 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13) erfasst wird, ist die Impfwirkung hier offensichtlich begrenzt. Für den Anstieg werden der Wegfall nichtpharmazeutischer Maßnahmen, Impfverzögerungen, Migration, Kohorteneffekte und das sogenannte Replacement (Verdrängung durch nicht-immunisierte Serotypen) diskutiert [4, 5]. Letzteres führt aktuell zu einer Zunahme von IPD durch Serotyp 38 in Deutschland, der im Gegensatz zu Serotyp 3 und 19A von den empfohlenen Impfstoffen nicht erfasst wird [6].
Neue Impfstoffe
Im März 2024 wurde PCV20 in der EU für Säuglinge ab 6 Wochen sowie für Kinder und Jugendliche zur Grundimmunisierung im 3+1-Schema zugelassen [1]. Der Impfstoff schützt gegen 20 Serotypen – 7 mehr als PCV13 – und deckt etwa 53 % der IPD-verursachenden Serotypen im Kindesalter ab [1]. Im Vergleich zu PCV13 ist die Immunogenität bei gemeinsam abgedeckten Serotypen teils geringer; zudem fehlen ausreichende Wirksamkeitsdaten für Kinder. Daher empfiehlt die STIKO PCV20 derzeit nicht zur Standardimpfung [1].
Seit September 2023 empfiehlt die STIKO PCV15 als Alternative zu PCV13 für Säuglinge und Kleinkinder [7]. PCV15 enthält zwei zusätzliche Serotypen (22F, 33F), die in Deutschland jedoch nur einen geringen Anteil der IPD-Fälle verursachen, und weist eine etwas höhere Immunogenität gegenüber dem wichtigen Serotyp 3 auf, der bisher durch die Pneumokokkenimpfung nur unzureichend kontrolliert ist. Die Immunisierung erfolgt wie bisher im 2+1- bzw. 3+1-Schema [7].
Ein weiterer neuer 21-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (Capvaxive®) der 8 Serotypen erfasst, die in den bisherigen zugelassenen Vakzinen nicht enthalten sind, wurde europaweit im März 2025 für Erwachsene zugelassen und befindet sich derzeit in der klinischen Entwicklung für Kinder und Jugendliche mit Risiko für schwere Pneumokokkeninfektionen [8].
Trotz verbesserter Impfstoffoptionen stagniert die Impfquote im Kindesalter seit Jahren bei etwa 74 % [1]. Konsequent durchgeführte Impfungen bleiben daher essenziell – sowohl zum Schutz vulnerabler Gruppen als auch zur Vermeidung invasiver Erkrankungen.
- Replacement-Effekte machen Impfstoffe mit breiterer Serotypen-Abdeckung notwendig.
- PCV13 und PCV15 schützen effektiv vor IPD und Resistenzen; PCV20 erfasst mehr Pneumokokken-Serotypen, ist aber nicht zur Standardimpfung bei Kindern empfohlen.
- Die Impfquote im Kindesalter stagniert – konsequente Impfungen sind essenziell zum Schutz vulnerabler Gruppen.
|
|
|
|
Erschienen in: Kinderärztliche Praxis, 2025; 96 (6) Seite 434-435
