Das ist ein genauso eindeutiges wie überraschendes Ergebnis: Laut der Auswertung einer dänischen Registerstudie mit über 9.300 Kindern besteht bei Kindern mit Pubertas praecox ein um 50 % bis 90 % erhöhtes Risiko für diverse psychische Störungen.
Die Forschenden vom Rigshospitalet in Kopenhagen werteten nationale dänische Registerdaten von 9.315 Kindern und Jugendlichen (11 % Jungen) aus, bei denen in den Jahren 1995 bis 2020 eine Pubertas praecox diagnostiziert worden war. Mit hochsignifikanten Ergebnissen: Ganz allgemein ging ein früher Beginn der Menarche mit einem erhöhten Risiko für Ängste, Depressionen oder Essstörungen unter jungen Frauen einher. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass psychische Störungen nach einer Pubertas praecox noch wesentlich häufiger auftreten.
Konkret wurden im Studienzeitraum jedem Kind mit vorzeitiger Pubertät fünf Kinder mit normal beginnender Pubertät gegenübergestellt – jeweils mit demselben Geschlecht und Alter. Die Forschenden beobachteten dabei, wie häufig die Kinder in beiden Gruppen psychische Störungen entwickelten. Das Risiko für psychiatrische Erkrankungen war bei Kindern mit einer Pubertas praecox erhöht um
- - 32 % für das Auftreten von Essstörungen
- - 46 % für Depressionen
- - 55 % für ADHS
- - 60 % für Angststörungen
- - 66 % für Schizophrenie und
- - rund 85 % für Autismus.
Kein signifikanter Zusammenhang zeigte sich hingegen für das Auftreten von Suchterkrankungen oder bipolaren Störungen. Bei Jungen mit Pubertas praecox war das Risiko für psychische Störungen dagegen noch etwas stärker erhöht, bei der Depression etwa um 60 %.
Die Gründe hierfür können vielschichtig sein. So können externe Stressoren die Pubertät beschleunigen und dann auch psychische Störungen verursachen. Das kann dann der Fall sein, wenn Kinder unter schwierigen Umständen aufwachsen und mitunter früher Verantwortung übernehmen müssen, der sie noch nicht gewachsen sind. Die Forschenden haben zudem herausgefunden, dass Kinder mit früher Pubertät häufiger sozial isoliert und damit auch vermehrt emotional belastet sind. Diese Gemengelage könnte ebenfalls psychische Auffälligkeiten verursachen oder psychiatrische Diagnosen begünstigen.
Raimund Schmid
