Unter der Führung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) wurde die erste evidenzbasierte S3-Leitlinie zum Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Fieber wird darin als physiologische Abwehrreaktion betrachtet, nicht als vorrangig behandlungsbedürftiges Symptom.

Die Leitlinie richtet sich an Ärzte, Pflegefachpersonen und auch Eltern. Sie wurde sowohl als S3-Leitlinie für Fachkreise sowie zusätzlich als kompakte Eltern-Leitlinie veröffentlicht und bietet wissenschaftlich evaluierte Empfehlungen zum akuten Fiebermanagement bei ansonsten gesunden Kindern und Jugendlichen.

Paradigmenwechsel: Fieber als natürliche Abwehrreaktion

Die neue S3-Leitlinie betrachtet Fieber aus einer grundlegend anderen Perspektive. Statt einer sofortigen Behandlung steht die Akzeptanz von Fieber als hilfreiche Körperreaktion im Vordergrund. Familien sollen so früh wie möglich über den angemessenen Umgang mit Fieber informiert werden. Ergänzend dazu eignet sich die parallel erschienene Elternleitlinie als Informationsmaterial.

Allgemeinzustand und Warnzeichen im Fokus

Für die Diagnostik empfiehlt die Leitlinie altersabhängige Messmethoden: rektal bei Säuglingen, tympanal ab einem Jahr. Entscheidend für die Beurteilung des Fiebers sollten jedoch nicht die Temperaturwerte sein, sondern der Allgemeinzustand des Kindes sowie spezifische Warnzeichen wie Bewusstseinsstörungen oder Atemnot.

Daher ist auch ein zentraler Grundsatz der Leitlinie: Antipyretika wie Paracetamol oder Ibuprofen sollen nur eingesetzt werden, wenn das Kind sichtbar unter dem Fieber leidet – nicht aufgrund hoher Temperaturen. Prophylaktische Gaben sind nicht empfohlen, da sie keine Fieberkrämpfe verhindern. Eine Ausnahme stellt hierbei die STIKO-Empfehlung zur Meningokokken-B-Impfung dar.

Besondere Vorsicht bei Säuglingen

Kinder unter drei Monaten mit Fieber ≥ 38°C benötigen grundsätzlich eine ärztliche Abklärung, da auch subfebrile Temperaturen auf schwere bakterielle Infektionen hindeuten können. Eine Urinuntersuchung wird in dieser Altersgruppe empfohlen. Zu beachten ist außerdem, dass Kindern mit bestimmten Vorerkrankungen öfter Fieber bekommen.

Zurückhaltende Antibiotikatherapie gefordert

Die Leitlinie betont die rationale Verwendung von Antibiotika. Da die meisten fieberhaften Infekte viral bedingt sind, stellt Fieber allein keine Indikation für eine antibiotische Behandlung dar. Unnötige Gaben können Resistenzen fördern und das Mikrobiom schädigen.

Praktische Empfehlungen für den Alltag

Für das häusliche Management stehen nicht-medikamentöse Maßnahmen im Vordergrund: ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Ruhe und eine dem Wärmebedarf entsprechende Umgebung. Kühlung oder Entkleidung werden nicht empfohlen. Vor der Rückkehr in Gemeinschaftseinrichtungen sollten Kinder mindestens einen Tag fieberfrei und wieder belastbar sein.

„Wir möchten Eltern mit dieser Leitlinie zum einen ermutigen, dem natürlichen Heilungsprozess zu vertrauen und gleichzeitig sehr gut informiert und vorbereitet zu sein, ab wann ärztlicher Rat wichtig ist", so Professor Dr. David Martin, Koordinator der Leitlinie.


Red.

Quellen:
1. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Presseinfo: Neue S3-Leitlinie: Eindeutige Empfehlungen für den Umgang mit Fieber bei Kindern und Jugendlichen. 28.07.2025
2. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. DGKJ. S3-Leitlinie: Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen. 1. Auflage 2025. AWMF-Register Nr. 027-074